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Quantity as quality: Als der Meteorit ins WUK einschlug...

"Das der `Ideologien´, im Sinne des Imaginären und Utopischen, ist das zwanzigste Jahrhundert also in keiner Weise" - so der französische Philosoph Alain Badiou. "Das Jahrhundert" berauschte sich dagegen zum Überdruss an den undialektischen Antagonismen: zwischen Mann und Frau, Zerstörung und Gründung, Subjekt und Objekt, Abstraktion und Figuration. Die Kunst begleitete diese subjektive Bestimmung in ihrer, wie Badiou meint, "beispiellosen Nicht-Zugehörigkeit". Sie legte viele Erwartungen und Parolen an den Tag, und postulierte eine Poetik der Schwelle, die dann aber real nicht überschritten wurde. Die Kluft blieb also latent erhalten. Auch heute glaubt man, dass sich dieses unversöhnbare Verhältnis ändern muss. Da wird in der Kunst statt griechischer Stärke lieber eine romantisch malerische Atmosphäre versprüht. Die von der Berlinerin Fanny Gonella kuratierte Ausstellung Quantity as quality stellt die Frage, wo in der gegenwärtigen Konsumgesellschaft das Reale der Kunst zu finden ist. Ob massenproduzierte Dinge für die subjektive Entfaltung und Mündigkeit des Individuums einen Beitrag leisten können? Sieben KünstlerInnen, die zwischen Ideologie und Phänomenologie der Massenware oszillieren, versuchen bisherige Hürden zu überwinden. Dass eine emanzipatorische Bewegung oder eine Utopie zur verstaubten Antiquität verniedlicht werden können und trotzdem ihr subversives Potenzial offen lassen, besagt der aus einem Regal, Büchern und einem Architekturmodell aus den 50/60er Jahren zusammengesetzte Turm “Utopia or Oblivion” der Amerikanerin Carol Bove. Cathy Wilkes kompiliert die kollektive Bedeutung in Gestalt der spielerisch zerstreuten, skulpturalen Installation, die sich von Ort zu Ort durch ihren Hang zum Enthropischen variabel generiert. Das was im Alltag unwiderruflich verloren geht, bleibt in den Aufnahmen der Medien (Handy, Videoband) als auch im gemaltem Bild oder durch die Multivitamine Crème Eclat du Jour von Clarins hoffentlich länger erhalten. Pawel Althamer, der zuletzt durch das Sichtbarmachen von den unsichtbar agierenden Subjekten in kulturellen Institutionen auffiel, erfand ein Regenbogen für den alltäglichen Gebrauch, indem er bunte Schnürsenkel auf einem Wäschetrockner hängte. Seine auf einem Fensterbrett platzierten volkstümlichen Patschen muten dagegen ökologisch an. Dass das maschinell Offene das persönlich Gebundene nicht unbedingt verdrängen muss, möchte die hölzerne Modulskulptur von Andreas Zybach beweisen. Gleich in nachbarschaftlicher Eintracht liegt der maximal aufgeblasene Fahrradschlauch, der über und über geflickt ist, eine Art kosmischer Sternenhimmel von Wolf von Kries mit dem Titel Galaxy. Die gezeigten Arbeiten bewegen sich zwischen eskapistischem Minimalismus und poetischer Verschwörung von Dingen. Ob das für die Überschreitung der Kluft im Sinne der Ausstellungshypothese reicht, bleibt dahingestellt. Immerhin wirkt der Versuch ansteckend, dient der Inspiration und ist nachhaltig.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Quantity as quality
01.02 - 03.03.2007

KEX Kunsthalle Exnergasse
1090 Wien, Währinger Straße 59, 2. Stiege, erster Stock
Tel: +43 (0)1 401 21-41 oder +43 (0)1 401 21-42, Fax: +43 (0)1 401 21-67
Email: kunsthalle.exnergasse@wuk.at
https://www.wuk.at/kunsthalle-exnergasse/
Öffnungszeiten: Dienstag - Freitag 13:00 - 18:00,
Samstag 11:00 - 14:00 Uhr


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