Stefan Kobel,
Art Basel Miami Beach 2006: Kaufrausch und Kennerschaft
Die Art Basel Miami Beach bedient alle
Die teuerste Strandparty der Welt belagert wieder einmal Miami Beach. Bereits einen Tag vor der Vernissage zieht die gesamte Kunstmeute des Globus marodierend und Buffets plündernd durch Stadt. Und selbst hier, wo sich kein Mensch mehr nach einer gefühlten 30 Meter langen Hummer-Limousine umdreht (tatsächlich dürfte es sich um die Hälfte handeln), fallen die Konvois aus schwarzen 7er-BMWs auf, mit denen die VIPs von einem Event zum anderen hasten.
Die Art Basel Miami Beach ist tatsächlich die größte Sause, die die Kunstwelt zu bieten hat und die wohl beste Idee, die Norman Braman je hatte. Der ausgesprochen zurückhaltende und medienscheue Mann ist einer der größten BMW-Händler der Welt und seit Jahrzehnten Art Basel-Kunde. Seine Sammlung mit Werken von Alexander Calder dürfte die größte überhaupt sein - Institutionen eingeschlossen. Nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass die wichtigste Kunstmesse ein amerikanisches Winterquartier aufgeschlagen hat. Das war sicher nicht ganz ohne Eigennutz, denn seine Heimatstadt, die jahrzehntelang einen eher etwas zweifelhaften Ruhm genoss, hat einen deutlichen Aufschwung genommen. Und Braman muss nicht mehr zu den Topwerken der Nachkriegskunst fliegen - sie kommen zu ihm.
Nirgendwo sonst ist die Dichte hochkarätiger Arbeiten von der Klassischen Moderne bis zur Nachkriegskunst die einen neuen Besitzer suchen so hoch wie hier - abgesehen vielleicht von der Muttermesse in Basel. Allerdings ist in Miami alles etwas anders. Die Vernissage bietet ein für europäische Augen ungewohntes Schaulaufen aus Schnitznasen, Schlauchbootlippen und offensiv zur Schau getragenem Reichtum. Das ist jedoch nicht alles. Denn die wichtisgten Sammler sind ebenfalls hier, weil sie aus dem Vollen schöpfen können.
Die Picassodichte etwa ist ausgesprochen hoch - allein Jan Krugier hat eine Handvoll Portraits mitgebracht und krönt sein Angebot noch mit einem großen Bronzekopf von Dora Maar für 30 Mio. Euro. Marlborough aus London klotzt mit vier Gemälden von Francis Bacon und verweist beim Preis auf den neuen Auktionsrekord von 15 Mio. Dollar.
Auch bei den Zeitgenossen sind die Preise happig. Luhring Augustine aus New York möchte für ein abstarktes Großformat von Albert Oehlen 420.000 Dollar haben, ganz neue unikate Digitaldrucke kosten 65.000 Dollar. Die Londoner Lisson Gallery hat eine glänzende Skulptur aus poliertem Stahl von Anish Kapoor für 900.000 Dollar dabei, und von Damien Hirst sind große Arbeiten bei Gagosian und White Cube zu sehen. Letztere verlangen für das Schmetterlingstriptychon "Between the Wars" 1,2 Mio. Pfund.
Der Kaufrausch ist trotz der hohen Preise ungebrochen. Judy Lybke von Eigen + Art hat für seine Koje des ersten Tages schon vor Eröffnung der Messe rundum Reservierungen und gleich zwei Neuhängungen mit eingeplant. Kein Wunder, kosten seine kleinen Interieurs von Matthias Weischer mit 36.000 bis 52.000 Euro doch weniger als auf dem New Yorker Auktionsmarkt.
Die übrigen Messen - insgesamt gibt es dieses Jahr zwölf Satelliten - erfahren ähnlichen Zuspruch. Auf der Scope, bei der der Zugang nicht so rigoros geregelt ist wie auf der Hauptmesse - fielen schon beim Aufbau hordenweise Sammler ein und kauften wild drauflos. Eine Übersättigung scheint immer noch nicht in Sicht zu sein.
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http://www.artbaselmiamibeach.com/go/id/ss/lang/eng/
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