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Wiener Internationale Kunst & Antiquitätenmesse im Palais Ferstel und Palais Niederösterreich: Ergebnis-Staccato

Entlausung bei Vernissage: Was wie ein absurdes Happening klingt, wurde im Palais Ferstel im Rahmen der Wiener Internationalen Messe für Kunst und Antiquitäten als Erfolg verbucht. Den gleichnamigen Säuberungsakt an einem türkischen Regiment hatte Oskar Laske 1916 in einer Gouache festgehalten, die beim Kunsthandel Widder den Besitzer wechselte. Gurschner-Holzschnitte, ein Prachensky, Venedig-Ansicht von Kasparides, lautete hier das Ergebnis-Staccato der ersten Tage. Unweit dieses österreichischen Aufgebots rückt die Galerie am Roten Hof zeitgenössische russische Malerei und dekorative Kunst in den Mittelpunkt. Und wer hier düster-melancholische Pinselführung zu erwarten glaubt liegt falsch: Stattdessen knüpfen die Protagonisten farbenprächtig an die Tradition der russischen Avantgarde an - bisweilen auch mit humorvollen Zweideutigkeiten, etwa in den Arbeiten Gija Guguschwillis (ab 1800 Euro). Gegenüber beansprucht bürgerliches und volkstümliches Mobiliar wie Kunsthandwerk bei Anton Figl Platz. Bayrische Erzengel, Zillertaler Kästen und ein bemaltes Schweizer Stubenbuffet werden mit bildender Kunst des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts akzentuiert, darunter eine herrliche winterliche Bachlandschaft von Josef Stoitzner von 1908. Internationales für schmälere Börsen Im benachbarten Palais Niederösterreich hat die andere Hälfte der 45 Aussteller Unterschlupf gefunden. Und, hier weht eine wohltuend internationale Brise, weniger die Herkunft der Kunsthändler betreffend, sondern das Dargebotene. Von Paris und London über Maastricht und Basel bis nach Palm Beach, auf all diesen Marktplätzen sind alte Kulturen, Präkolumbianisches oder Afrikanisches fixer Bestandteil des Messeangebotes. In unseren Breitengraden wurde diesen Sammelgebieten bislang viel zu wenig Aufmerksamkeit zu teil. Dass damit auch eine deutlich jüngere Generation an Käufern angesprochen wird, soll ebenso wenig ein Nachteil sein, wie man hier bereits mit deutlich schmäleren Budgets das Auslangen findet. Blazek & Rauminhalt kombinieren in ihrem Separé Designklassiker mit marokkanischem Berber-Knüpfwerk (2000 bis 10.000 Euro), etwa den von Eames für Billy Wilder geschaffene Lounge Chair (3200 Euro) auf Hochflorigem an Serge Mouille-Leuchten und Baum-Tischen von Carl Auböck (ab 2400 Euro). Das im Katalog präsentierte Panton-Rund, der Teppich "Marguerite" von 1965 mit einem Durchmesser von 2,3 Metern, wechselte wenige Tage vor Messebeginn Richtung Moskau. Die stattliche Reiseroute von Wien via Kopenhagen nach Japan und nunmehr retour in Wien hat ein seltener Coffee-Table (3900) von Auböck hinter sich. Eine Herde von Ritualbronzen (ab 280 Euro) hat sich dagegen bei Primitive Gangl eingefunden, neben Kultgegenständen, Skulpturen, Textilien und Schmuck aus Asien und Afrika den Angebotsschwerpunkt bilden. Lebensabschnittsbesitzer In der Belle Etage des revitalisierten Palais dominiert Arriviertes. Bei Verbandsdoyen Szaal die bewährte Auswahl an Biedermeier-Malerei, wobei innerhalb der blassen Feinheit der Aquarellstücke Moritz Michael Daffingers Damenportrait auf Elfenbein einen charmanten Eyecatcher bildet. Und wer für Flachware die passende Einfassung sucht, wird bei der Rahmenmanufaktur Brunner fündig. Von allem etwas hält Thomas Knoll bereit, in der Vitrine versammelte Fundstücke des Biedermeiers und des Jugendstils an außergewöhnlichen Sitzmöbeln (Biedermeier-Drehstuhl) oder die Wanduhr in Form eines mit Draperie geschmückten Adlers um 1800 auf Augenhöhe mit einem barocken Kerzenhalter. Kunst und Antiquitäten Schütz stellt ein Werk von Olga Wisinger-Florian in den Mittelpunkt seiner Präsentation: 1904 war es auf der Weltausstellung in St. Louis zu sehen und erst im Juni hatten die prachtvollen "Blumenbeete im Park von Grafenegg" bei Sotheby?s für 171.000 Euro den Besitzer gewechselt - der aktuelle Kurs war selbstredend nicht in Erfahrung zu bringen. Gesichert ist dagegen, dass die Österreichische Galerie im Belvedere das Werk als Leihgabe für eine Ausstellung ("Wien-Paris. Van Gogh. Cézanne und Österreichs Moderne") im kommenden Jahr erkoren hat - "daneben verblasst jeder Monet!", ist Lebensabschnittsbesitzer Josef Schütz überzeugt.
Mehr Texte von Olga Kronsteiner

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Wiener Internationale Kunst & Antiquitätenmesse im Palais Ferstel und Palais Niederösterreich
28.10 - 05.11.2006

WIKAM
1010 Wien, Palais Ferstel, Eingang Strauchgasse
Tel: +43 (1) 40 66 330, Fax: +43 (1) 402 88 35
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