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Art Cologne 2006: Beim Lächeln erwischt

Vorsichtiger Optimismus bei der 40. Art Cologne 16.000 "echte" Vernissage-Besucher brachten die Infrastruktur der Art Cologne gestern an den Rand des Zusammenbruchs. Nachdem erstmals mittels Barcodescannern die tatsächliche Anzahl der Eintritte erfasst wurde, anstatt wie früher üblich großzügig zu schätzen, war Direktor Gérard Goodrow hocherfreut: "16.000 ist genau richtig. Mehr können wir auch gar nicht handeln." Damit hatte er nur zu Recht. So angenehm das Schlendern in den großzügigen Gängen und Ständen in der deutlich teilnehmerreduzierten Messe war, so entnervend gestaltete sich das Warten an der Garderobe bei Vernissageende. Mit rund 220 Teilnehmern hat sich das Feld um ein Drittel verkleinert. Das fällt positiv auf. Weniger schön ist das auffällige Fehlen wichtiger internationaler Galerien. Sammler trauen sich hingegen eher an den Rhein, auch wenn es nicht die Rubells und De la Cruzens dieser Welt sind. Aber auch darüber freut sich Goodrow. Er sieht lieber "Leute, die etwas leiser sind, wie Michael King, ein junger Sammler aus London, oder die Kuratorin von Akzo Nobel, die jedes Jahr für mehrere Tage kommt und für 100.000 bis 250.000 Euro einkauft." Es gab auch die Gruppe aus London, die auf der Frieze für die Tate kauft und die in Köln "kräftig Geld ausgegeben" hat. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Im Gegensatz zu London oder Basel werden die Preise selten sechsstellig, und das zumeist nur im Bereich der Klassischen Moderne. Da lohnt sich das Vergleichen allerdings. Aquarelle von Emil Nolde haben viele der einschlägigen Händler im Angebot, die Preise für vergleichbare Werke variieren jedoch erheblich. Ähnlich ist es bei Ewald Mataré, dessen Bronzen in bisher nie gesehener Auswahl bei der erstmals teilnehmenden Galerie Koch aus Hannover zu haben sind. Hier gibt es auch eine kleine Temperaarbeit von Franz Marc aus den Jahren 1912 bis 1914, die mit 750.000 Euro wohl zu den teuersten Werken der Messe gehört. Das Interesse an dem angestammten Sammelgebiet des Rheinländers ist groß. Otmar Neher aus Essen stellt begeistert fest: "Das ist für mich sensationell." Er habe noch nie so gut verkauft an einem Vernissageabend, "alles Neukunden aus Nordrhein-Westfalen, ein unheimlich engagiertes und interessiertes Fachpublikum." Das braucht er auch. Denn seine großen und typischen Gemälde Ernst Wilhelm Nays kosten 320.000 bis 340.000 Euro. Bei den Zeitgenossen dringt nur eine Handvoll Galerien in diese Preisregionen vor, etwa die Londoner Galerie Ben Brown, die schon ein "Concetto Spaziale" Lucio Fontanas für einen nicht genannten sechsstelligen Betrag in die Schweiz verkauft hat. Auch Platzhirsch Karsten Greve kann sich nicht beklagen. Der Großgalerist soll kurz vor Feierabend sogar mit einem Lächeln gesehen worden sein. Sein "Hidden treasure" - eine neues Messesegment angeblich vom Markt vergessener Künstler - Paco Knöller erwies sich bei Preisen zwischen 6.000 und 37.000 Euro als Verkaufsschlager. Große Arbeiten von Jannis Kounellis ließen sich ebenfalls gut absetzen. Die einzige noch zur Verfügung stehende Installation beinhaltet in schwarzen Säcken die olfaktorisch wenig dezente Schmutzwäsche des Künstlers (285.000 Euro). Ganz junge Kunst ist hingegen häufig für Einsteigerpreise zu haben. Laserlaubgesägte Schattenrisse von Henrik Schrat etwa sind bei Olaf Stüber aus Berlin in einer Dreier-Auflage schon für 800 bis 1.400 Euro zu haben. Eine große Installation aus der Reihe der fiktiven Charakterstudie "Über F." von Jana Gunstheimer kostet bei Conrads aus Düsseldorf und Berlin 8.000 Euro. Da greifen auch junge ausländische Sammler, die durchaus den Weg nach Köln finden, gerne zu. Beim Angebot der mit sieben Vertretern überraschend starken Delegation koreanischer Aussteller dürfte das hingegen weniger der Fall sein. Ihre Kunst ist nicht zum Schnäppchenpreis zu haben. So kostet die beeindruckende Installation "Digital Moon" des 40-jährigen Lee Kyung Ho bei Sejul aus Seoul, in der Plastiktüten in einem Raum von einem Gebläse herumgewirbelt werden und in kaleidoskopischer Wirkung Schatten auf eine Wand werfen, in einer 5er-Auflage satte 27.000 Euro. Wenn der Standort Köln solche Preise für hier zu Lande unbekannte Künstler verkraften kann, es ja so schlimm nicht sein. Die nächste Ausgabe der Art Cologne mit gleichzeitiger Konkurrenz in Brüssel und Düsseldorf wird die Zugkraft der Mutter aller Kunstmessen beweisen.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Cologne 2006
01 - 05.11.2006

Art Cologne
50679 Köln, Hallen 4 - 5, Messeplatz 1
Tel: +49-221 821 32 48
Email: artcologne@koelnmesse.de
http://www.artcologne.de
Öffnungszeiten: täglich 12 - 20 Uhr


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