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Die Berliner Parallelmessen: Umgekehrte Vorzeichen

Heute so, morgen so auf den Berliner Parallelmessen So schnell kann`s gehen. Hatte letztes Jahr noch die "Preview" als Ausgründung der Alternativmesse "Berliner Liste" die Nase vorn, kann dieses Jahr wieder die noch sehr junge Mutter überzeugen. Die "Preview" nennt sich selbst "the emerging art fair", ist die jüngste der drei Begleitmessen zum Art Forum und macht doch den am meisten gesetzten Eindruck. Die Präsentation ist professionell, der Katalog recht aufwändig produziert. Der Besucher hat nicht das Gefühl, sich auf einer rebellischen Gegenveranstaltung des Untergrunds zu bewegen, wo es echte Entdeckungen zu machen gilt. Immerhin, eigenständige Positionen aus Leipzig sind hier mitunter noch zu Einsteigerpreisen zu haben. So kosten größere Arbeiten von Jochen Plogsties bei der jungen Galerie ASPN 4.800 Euro. Schräg gegenüber bei Marion Scharmann aus Köln gibt es eine zimmergroße Grotte aus Pappkartons von Patrizia Karda mit dem Titel "Das Haus, in dem ich wohne, in der Fotos projiziert werden. Der Betrachter bleibt allerdings außen vor und muss sich mit der Position des Voyeurs an einem von drei Sehschlitzen begnügen (Preis 12.000 Euro). Dass die ganze Veranstaltung nicht allzu zu seriös gerät, ist unter anderem Verdienst der Berner Galerie Bernhard Bischoff, die von ihrer Künstlerin Andrea Loux eine kleine Modelleisenbahn mit rundreisendem Plüschball dabei hat. Die so amüsante wie simple Idee soll dem Kunstfreund satte 3.200 Euro wert sein. Die "Berliner Liste" hingegen, letztes Jahr eine grottenschlechte Veranstaltung in trashigem Ambiente, hat gewaltig zugelegt. Im ehemaligen Umspannwerk in Prenzlauer Berg (Ex-Vitra Design Museum) zeigen mit 43 Galerien etwas weniger Teilnehmer als auf der Tochtermesse Preview ein durchaus erwachsenes Programm. Es sind auch nicht nur Newcomer dabei. Bei Burkhard Eikelmann aus Düsseldorf etwa gibt es Neo Rauchs "Andere Länder, andere Sitten" von 1990 in Öl auf Papier für 20.000 Euro. Von Sonja Alhäuser, auf dem Art Forum ebenfalls vertreten, zeigt die einheimische Galerie Völcker und Freunde eine Serie von drei aquarellierten "Huf-Print"-Zeichnungen, deren Entstehung in einem mitgelieferten Video (Auflage 3) dokumentiert wird. Der Trend zu Zeichnung und Video lässt sich bei mehreren Künstlern ausmachen. Pavel Pepperstein etwa, in Russland eher als Literat und Philosoph bekannt, reüssiert seit einigen Jahren in Europa mit seinen mittelformatigen zarten Tuschezeichnungen, die mit 3.000 bis 4.500 Euro bei der russisch-französischen Galerie Iragui allerdings nicht ganz billig sind. Bei Andreas Greulich aus Frankurt finden sich die in einem Loop endlos aufeinander eindreschenden Geschäftsleute aus der Reihe "A corporate warfare" von Casey McKee. Der Preis von 450 Euro für die 5er-Edition entspricht in erfreulichem Maß dem Anspruch der Messe Plattform für junge Sammler. Einen Knaleffekt setzen die Explosionsbilder des Bulgaren Valio Tchenkov bei der Münchener Galerie Royal. Die kleinen mit Klebeband umwickelten umwickelten Päckchen werden vom Käufer selbst auf eine Wand seiner Wahl geschleudert, wo sie durch die Wucht des Aufpralls detonieren und filigrane pastelartige Strukturen ausbilden. Den voher festestehenden Titel schreibt der Käufer selbst daneben an die Wand. Durch das Ikea-Prinzip des Selbstaufbaus wird erheblich gespart: 600 kostet so ein Werk. Die am wenigsten etablierte Veranstaltung des Trios ist der Kunstsalon, der auch von genau diesem ungezogenen, nonkonformistischen Image lebt. Die Nähe zur Basis und zum Puls der Zeit ist hier Programm und Problem zugleich. 40 Galerien, Projekte, Kunstvereine, Kuratoren und Künstlernetzwerke präsentieren sich in ihrer ganzen Heterogenität. Berliner Liste bis 4. Oktober, täglich 13 Uhr bis 21 Uhr Kopenhagener Straße 58, 10437 Berlin www.berliner-liste.org Preview Berlin bis 3. Oktober täglich 14 - 21 Uhr Saarbrücker Straße 36-38, 10405 Berlin www.previewberlin.de Berliner Kunstsalon bis 3. Oktober 2006 täglich von 13 - 22 Uhr Eichenstraße 4, 12435 Berlin www.berlinerkunstsalon.de
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Die Berliner Parallelmessen
28.09 - 04.10.2006

Liste, Preview, Kunstsalon
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