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Galerie Fotohof, Museum der Moderne, Galerie Hilger: Themenparks und andere Kleinigkeiten

Wie jeden Sommer präsentiert sich Salzburg während der Festspielzeit mit einigen Kunst-Highlights, die sich an die jeweiligen, gerade "in der Luft" liegenden Themenschwerpunkte anzupassen scheinen. Die Speerspitze nimmt zweifelsohne jenes weltweit für Österreichs Kulturtradition stehendes Musikgenie ein, dessen Vermarktung sich Salzburg wie keine zweite Stadt zueigen zu machen versucht. Entgegen dem Mainstream des Salzburger Snobismus - und das ist gut so - bewegt sich wie immer der Fotohof, der die diesjährige Sommerausstellung dem zweiten österreichischen Kulturthema des Jahres 2006 - Sigmund Freud - gewidmet hat. KuratorInnen Eva Maria Stadler und Thomas Trummer verwenden den Satz "Steig auf das Gebirge, sag ich dir, und iß Erdbeeren", den Freud im Alter von 17 zu einem Freund geäußert hat, und setzen dadurch auf das Thema Landschaftsidylle, das als Ironisierung jener vermeintlichen Alpenromantik in dem von brutalen politischen Ideologien geprägten Salzburger Umland gelesen werden kann. Ironisch auch die Anspielung auf das Wesen philosophischer und oftmals körperfremder Denkpolitik, die Monica Bonvicini und Sam Durant auf einen weiteren österreichischen Philosophen beziehen. In Kombination mit Wittgensteins Abbild collagieren sie den Satz "Just like Mary, he can conceive without sex through spirit alone. So the male, through a transsexual operation, fulfils his desire for creation". Dem entgegen (oder doch verwandt) stehen Matthias Herrmanns selbstreferenzielle Narzissmusspiele in der toskanischen Landschaft, während Lois und Franziska Weinberger das Thema Erdbeeren bildlich nehmen und in Drucken und Plastiktüten verarbeiten. Dem eindeutigen Vermarktungsspiel ausgeliefert zeigt sich die Galerie Hilger in ihrer Ausstellung "Human Touch", die einige interessante Arbeiten beinhaltet, darunter John Gerrards auf der Art Basel gezeigtes Portrait to Smile Once a Year (Mary), ein computergesteuertes Animationsbild, das zu unterschiedlichen Zeiten Augenzwinkern oder Lachen hervorbringt, oder ein Print von Kalin Serapionovs, auf der manifesta 4 gezeigten Arbeit "Unrendered", die die Situation überfüllter öffentlicher Plätze, wie sie in Salzburg derzeit zu Genüge existieren, demonstriert. Schade, dass die Ausstellung in Kombination mit Vitrinen einer lokalen Schmuckfirma so direkt auf die Geldbörsen der finanzkräftigen FestspielbesucherInnen ausgerichtet ist. Die Vermarktung der Marke Mozart auf die Spitze treibt Christoph Schlingensiefs Installation Chickenballs. Der Hodenpark im Rahmen der Ausstellung "Kunst auf der Bühne" im Museum der Moderne. Schlingensiefs Arbeit vermag es als eine der wenigen, eine gelungene Antwort auf den manierierten Mozart Hype des Jahres 2006 und die Stadt Salzburg zu liefern. Teile seiner Arbeit für Area 7 im Burgtheater wie der Animatograph werden vermengt mit einer Fülle von Kleinod, wie Schokoladehasen, ein Bußaltar mit Hühnerfedern und quer durch den Raum verteilt zahlreiche Peephole Videoanimationen, die einen vor dem Herztod ringenden Karajan bei seiner letzten (gefakten) Probe 1989 zeigen, oder einen in der Badewanne liegenden Mozart, um den herum eine Anzahl von Jungs masturbieren sowie die dem Wahnsinn nahe Schwester Mozarts beim unendlich unerträglichen Klavierspiel. Eine Anspielung auf die verdrängten Themen einer konservativen Stadt?
Mehr Texte von Walter Seidl

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Galerie Fotohof, Museum der Moderne, Galerie Hilger
22.08 - 08.10.2006

Galerienrundgang Salzburg
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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
kurze antwort
ernst hilger | 29.08.2006 12:44 | antworten
lieber walter seidl unbenommmen war der sponsor nicht so diskret wie von uns erwartet aber so eine ausstellung geht eben nicht ohne sponsor wenn also meine kollegen montblanc oder cartier einladen ohne die vielen museumskooperationen zu erwähnen sollte man hier mir gengenüber ein wenig nachsicht halten trotzdem, nächstes jahr weniger sponsorpräsenz versprochen

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