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Zero - Internationale Künstler-Avantgarde der 50er/60er Jahre: Kurzes Glück

"Zero ist die Stille. Zero ist der Anfang." Diese in leicht beschwörendem Ton gehaltenen initialen Sätze des von Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker mit 1963 recht spät nachgereichten Manifests - denn Zero entstand nicht wie so viele andere Avantgarde-Bewegungen aus dem Geist des Buchstabens, der sich erst in Werken erfüllen musste - haben sich im Rückspiegel der Kunstgeschichte durchaus bewahrheitet. Denn Zero bedeutete tatsächlich eine Zäsur, war der mutwillige Bruch mit der als bedrückend empfundenen Nachkriegsära und ihrer künstlerischen Signatur, der die Subjektivität feiernden und damit auch die Dämonen der jüngsten Vergangenheit vertreibenden gestischen Abstraktion des Informel und Tachismus. Die Zero-Künstler verschrieben sich - auch wenn sie ihrerseits an frühere Bewegungen wie das Bauhaus und den Konstruktivismus anknüpften - dagegen ganz der Gegenwart bzw. Zukunft, lebten der Utopie eines harmonischen Ausgleichs zwischen Natur, Technik und Fortschritt (die aufkommende Industriekultur) und sannen auf eine Kunst, die zeitgemäßer Ausdruck dieser glückverheißenden Epoche sein konnte. Und da diese unschuldig-naive Kunst mehr der Oberfläche huldigte, als in der Tiefe zu schürfen, sollte sie ganz in der Erscheinung aufgehen, also dem Auge mittels der reinen Farbe (Monochromie) schmeicheln, am suggestivsten womöglich aber in Form der Nichtfarbe Weiß; und wer diese radikale Geste noch scheut, der vereinheitlicht die Fläche vorerst mithilfe eines Rasters oder einer anderen seriellen Anordnung, um ihr zumindest die Komposition zu nehmen. Ganz bei sich scheint die Kunst aber vielleicht dann, wenn sie sich entmaterialisiert, wenn sie gleißt und glänzt und - im Raum verströmend - sich vollkommen dem Spiel des Lichts hingibt (Ueckers berühmte Nagelobjekte, Macks Lichtreliefs und Pienes Lichtballette); welchem Sukkurs sowohl die unkonventionellen Materialien wie Aluminiumplatten, Glas und Spiegel als auch die neue Bewegtheit der Objekte letztlich vor allem verpflichtet sind. Das größte Verdienst dieser so blendenden Schau besteht aber wahrscheinlich darin zu zeigen, dass die Düsseldorfer Zero-Gruppe, die zwischen 1958 und 1966 bestand, in einem breiten internationalen Kontext eingebettet war, der ebenfalls unter dem Begriff "Zero" gefasst wird; dass der Impuls des Tabula-rasa-Machens also ein entschieden allgemeiner war und sich an vielen Orten zugleich Bahn brach. So stößt man hier neben den Lehrmeistern der Zero-Künstler Klein, Tinguely und Fontana, die den Deutschen die Möglichkeiten der Immaterialität, Kinetik und räumlichen Expansion entdeckten, auch auf Vertreter verwandter Bewegungen wie der niederländischen Gruppe NUL (Henk Peeters, Jan J. Schoonhoven), der Pariser Gruppe GRAV (Francois Morellet) oder gar der mit Ausnahme von Yayoi Kusama hierzulande eher unbekannten japanischen GUTAI-Formation, deren rege Kollaboration untereinander folglich den Universalismus der klassischen Avantgarde wieder aufleben ließ. Wie damals war aber auch diesmal - obwohl man sich beinahe jeder (auch politischer) Dogmatik enthielt - das Glück wieder nur von kurzer Dauer.
Mehr Texte von Peter Kunitzky

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Zero - Internationale Künstler-Avantgarde der 50er/60er Jahre
09.04 - 09.07.2006

Museum Kunstpalast
40479 Düsseldorf, Ehrenhof 4-5
Tel: +49 211 566 42 100
Email: info@kunstpalast.de
https://www.kunstpalast.de
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-21


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