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Dennis Loesch - hallo moden sommer 2006: Der gestiefelte Künstler

René Girards kulturgeschichtliches Werk über Opferkulte, Sündenböcke und das mimetische Begehren wird gerade erst entdeckt. Grundprinzip des Menschen, sagt Girard, ist die Nachahmung, und weil wir auf Gedeih und Verderb der Imitation anhängen, wollen wir immer haben, was die Nachbarn haben. So entstehen der Neid, die Rivalität und die Gewalt. Girards Werk ist sowieso noch zu entdecken. Vor einigen Jahren gab es eine Ausstellung über die sieben Todsünden und was die Gegenwartskunst darüber zu vermelden hätte. Neid ist übrigens erst seit dem Beginn des bourgeoisen Geprotzes im späteren Mittelalter eine Todsünde, vorher war es, bezeichnenderweise, der Geiz, also jene Untugend, für die man selbst verantwortlich war. Im Katalog zu besagter Ausstellung ließ sich nun Isabelle Graw über den Neid vernehmen und nannte dabei auch den Namen Girard. Angelpunkt und Kern ihres Räsonnements aber war die Geschichte, wie sie sich dann nach längerem Überlegen Marc Jacobs-Stiefel kaufte. Mit solchen Geschichten bekommt man heute Professuren für Theorie. So ist es nur folgerichtig, wenn Dennis Loesch die Gestalten des Kunstbetriebs, die momentan den Ton angeben, auf das verpflichtet, was sie offenbar am besten können: Sachen tragen. Die Einfluss-Reichen und die Gedanken-Schönen wurden von Loesch um etwas Anziehbares angehauen, Schuhe, Accessoires und vor allem Kleidung, die nun, gewaschen, gebügelt und mit Namensschild versehen bei Gabi Senn in der Galerie hängt. Man kann sich die Fetzen, und darin besteht der ökonomische Anteil, nachschneidern und vom Künstler signieren lassen. Der künstlerische Clou wiederum besteht darin, dass die originalerweise durchaus farbigen Hemden, Hosen, Jacken zurückverfügt werden in die Kulturbetriebsheraldik schwarz-weiß. Der schöne knallrote Anzug von Artforum-Impresario Knight Landesman ist dann also nur unbunt zu haben. Loesch, Jahrgang 1979, hat an der Städelschule in Frankfurt studiert, und Mainhattaner Provenienz sind auch viele der nun nach Wien verfrachteten Promistücke. Loesch, so sieht es aus, ist wieder so ein Schlauberger, der das unhintergehbare Prinzip des Witzes mit dem sehr hintergehbaren des Namedroppings kreuzt. Nächster Kreuzungspunkt könnte die BodyArt sein. Mit ihr als Axiom ginge es dann an die Unterwäsche.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Dennis Loesch - hallo moden sommer 2006
12.05 - 29.07.2006

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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