
Nina Schedlmayer,
Nature Attitudes: Halber Weg
Und auch die Natur ist nicht mehr, was sie einmal war. "Bevölkert die Erde und unterwerft sie euch", befahl der Herr mit dem weißen Bart schon im Buch Genesis. Von Tschernobyl und Tsunami konnte man damals ja noch nichts wissen. Heute soll die Natur eher "als zeit- und ortsspezifisch kodiertes, kulturell produziertes Konzept" verstanden werden, wie es die Ausstellung im T-B A21 beansprucht.
Am besten entspricht dieser Job Description wohl die Arbeit von Matthew Ritchie, der in seinen pseudowissenschaftlichen bunten Aquarellen und Installationen Vorgänge in der Natur kartografiert und gleichzeitig in kleinteilige Welten voller Ex- und Implosien übersetzt: Alleine das Beobachten, das Untersuchen von Natur bedeutet schon einen Eingriff. Eher in Richtung Klamauk geht John Bocks Filminstallation, in der dieser kläglich an einer Expedition ins Eis scheitert. Allan Sekulas hinlänglich bekannte "Fish Story", die unmittelbar daneben präsentiert wird, passt in ihrer Ernsthaftigkeit, Bedächtigkeit und Sprödheit nur schlecht zu Bocks Abenteurerdrama. Ebenso, wie Diana Thaters läppische Videoinstallation, in der die Kamera endlos lang über einen Regenwald schwenkt, auf Marine Hugonniers ein wenig bemühten Film "Ariana" prallt: Auf der Suche nach den Zusammenhängen zwischen Krieg und Landschaft reiste die Künstlerin durch Afghanistan - ihre Beobachtungen bleiben allerdings frappierend naiv und allgemein.
Mit Olafur Eliasson ("Room for one Color", "Reversed Waterfall") und Kutlug Atamans hinreißenden "Four Seasons of Veronica Read" hat man dagegen auf gesicherte Positionen gesetzt - es versetzt aber immer wieder in Staunen, sich selbst und alle anderen in Schwarz-Weiß zu sehen; und auch, wenn man Frau Read das x-te Mal von ihren Amarylliszwiebel und -blüten schwärmen hört, wird es nicht langweilig.
Würde die Ausstellung ihren Anspruch einlösen, wären mehr Kritik an den Zurichtungen und Vorstellungen von Natur, mehr Prägnanz im Umgang mit dem Thema notwendig. So bleibt man auf halbem Weg stecken.
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Nature Attitudes
05.04 - 17.06.2006
Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (alte Location)
1010 Wien, Himmelpfortgasse 13/9
Tel: + 43 1 513 98 56, Fax: + 43 1 513 98 56 22
Email: office@tba21.org
http://www.tba21.org
Öffnungszeiten: Di-So 12-18 h
05.04 - 17.06.2006
Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (alte Location)
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Ihre Meinung
1 Posting in diesem ForumAnmerkung zur Introduction
Cornelia Langer | 03.05.2006 11:50 | antworten
Da purzeln aber schon recht flapsig die Assoziationen zu NATUR durcheinander - vom Herrn mit weißem Bart - Genesis - Erde bevölkern und und unterwerfen - Tschernobyl und Tsunami. Damals hat man wohl eher in Dimensionen der Sintflut gedacht.
Wobei Tschernobyl eindeutig menschengemacht und somit unter die Kategorie "unterwerfen" (aber eher entvölkern") fällt, während bei Tsunami (u.v.a.) noch nicht ganz ausgemacht ist, wieviel Natur-Gewalt ist und der Mensch Leidtragender ist oder doch auch indirekt mit"geholfen" hat .
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