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Zwei Messen in Frankfurt: No risk, no fun

Als letztes Jahr bekannt wurde, dass Michael Neff sich an der kränkelnden Frankfurter Kunstmesse versuchen darf, war die Spannung groß. Der junge Galerist mit Hang zu eigenwilligem Auftreten versprach eine Veranstaltung mit einmaligem Konzept. Eine Einladungsmesse mit One Man-Shows sollte es werden. Gegen die Art der Auswahl sprach die deutsche Gestzgebung, gegen die Art der Durchführung der gesunde Menschenverstand. Geschafft hat er es trotzdem irgendwie und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zwar präsentieren statt der angepeilten 70 nur 50 Aussteller in der etwas zu großen Halle 9 bis zum 19. März ihre Künstler, doch sind darunter viele, die im deutschsprachgen Raum Rang und Namen haben. Der Katalog ist eine Augenweide und verzeichnet zumeist sogar die Preise. Nicht abgebildet ist das wohl großformatigste Werk, das je auf einer Messe zu sehen war. Contemporary Fine Arts aus Berlin hat Jonathan Meese und Tal R. ein komplettes Schloss aus Sperrholz errichten lassen. Im Inneren beheimatet es ein wildes Sammelsurium von Collagen, Gemälden, Bronzeskulpturen und Installationen, die sich alle um "Mutter" drehen. Dazu spielt ein Gitarrist bekannte Popsongs zum Thema. Die komplette Installaton - ohne Barde und Bronzen - soll 495.000 Euro kosten. Zu den vertretenen Galerien gehören die üblichen Verdächtigen wie Bärbel Grässlin aus Frankfurt, Sies + Höke aus Düsseldorf, Georg Kargl aus Wien, Mehdi Chouakri aus Berlin und Johnen, ebenfalls aus der Bundeshauptstadt. Bei letzteren gibt es ein Kotz-Video von Martin Creed zu sehen, das 25.000 Dollar kosten soll. Ursua Krinzinger aus Wien hat einen Doppelstand gemietet, auf dem sie Erwin Wurm und Atelier van Lieshout zeigt. Sie ist von dem Konzept überzeugt: "Jeder kommt aus Solidarität und mit Glauben an und Hoffnung auf eine gute Mese. Qualitativ erwartet jeder das Beste. Ich glaube nicht, dass die finanzielle Erwartung im Vordergrund steht." Ein Kontrastprogramm bietet der "Artspace" am entgegengesetzten Ende der Stadt. Hier haben sich in einem Haus der Lebenshilfe 19 Galerien zusammengefunden, die sich keinesfalls als Salon der Refüsierten verstehen. "Uns allen war von Anfang an klar, dass wir uns dem Konzept von Herrn Neff nicht unterwerfen wollen", sagt Erhard Witzel, Galerist aus Wiesbaden und Initiator des Artspace. "Das Konzept ist kein Messekonzept, sondern ein kuratorisches, für das die Kollegen sogar noch bezahlen." In der Annahme, dass viele Besucher das ebenso sehen dürften, bietet seine Veranstaltung ein breites Spektrum durchweg erschwinglicher Kunst in familiärer Atmosphäre. Statt Kojen bespielen die Teilnehmer Räume in dem gemeinnützig betriebenen Haus, das die Atmosphäre eines sympathischen Provisoriums vermittelt. Das Angebot ist durchaus gemischt. Witzel selbst zeigt nur wenige Arbeiten seines Editions-Programms und überlässt den Großteil seiner Fläche einem Künstler aus den Reihen des Goldstein-Ateliers, das sich aus Bewohnern der Einrichtung zusammensetzt. Die schwebenden Flugzeugwracks aus Pappresten von Hans-Jörg Georgi nehmen den meisten Raum ein und den Betrachter durch ihre etwas hilflos wirkende offensichtliche Fluguntüchtigkeit gefangen (Preise 2.000 bis 3.500 Euro). Nebenan gibt es reduktionistsiche Kunst verschiedener Gattungen von der Galerie Bender aus München. Robert Sagermann stellt aus mit dem Spachtelmesser schichtweise aufgetragener Ölfarbe dichte Gewebe her, die seinen Bilder fast skulpturalen Charakter verleihen (3.500 bis 5.000 Euro). Michael Sturm hat aus Stuttgart unter anderen Vanessa Henn mitgebracht, deren Skulpturen aus Handläufen bestehen, die - ihrer Funktion beraubt - ins Nichts führen (3.200 und 5.200 Euro). Die Galerie Müller-Roth, ebenfalls vom Neckar, hat eines der teuersten Werke dabei. "ferrocco No.13, 1=45°" von Fançois Morellet, den sie seit 1973 vertritt, soll 23.500 Euro kosten. Ausschließlich digital entstandene Kunst bietet die Galerie des Digital Art Museum aus Berlin an. Die perpetuierende Arbeit "Process 7" von C. E. B. Reas ist eine Art Zeichenprogramm, welches fortwährend aus sich Muster generiert. Das Programm ist ein unikat und kostet 5.000 Euro. Artspace, 16.-19. März Hanauer Landstr. 147, D-60314 Frankfurt-Main www.artspacefrankfurt.de high&low, fine art fair frankfurt, 16.-19. März Messe Frankfurt, Halle 9 www.fineartfairfrankfurt.info
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Zwei Messen in Frankfurt
16 - 19.03.2006

high&low, Artspace
60000 Frankfurt,


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