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Angeli - Kohlezeichnungen: Much of Nothing

Bilder der Leere. Wenig tut sich in den Szenarien, auf denen Eduard Angeli sein Venedig festhält, kein Tourismus, keine Sehenswürdigkeit, kein italienisches Temperament. Stattdessen viel kahle Fläche, wie sie Häuserwände, Lagunenwasser und Hinterhöfe im Übermaß besitzen. Eduard Angelis Kohlezeichungen, wie er sie jetzt in der Albertina ausstellt, sind Exerzitien in jenem "Much of Nothing", das einen melancholisch stimmen könnte, aus der Fassung geraten lässt oder zum Denken bringt. Gerade darin sind sie auch Exerzitien in Modernität. Ein wenig schwelgen diese Bilder im Sublimen. Die Düsternis könnte ins Beängstigende umschlagen, das Trottoir in die Terreur, und die stürzenden Linien und die Froschperspektive könnten eine Ahnung vermitteln von Metropolis und den Bedrohungen durch die futuristischen Städte. Doch Venedig ist nicht Zukunft, sondern Vergangenheit, und die bedrängenden Mauern sind aus Backstein. Also wird es doch nicht allzu viel mit dem Schrecken. Ein wenig atmen diese Bilder magischen Realismus, und es könnte ein Stück Animation entstehen. Die Lastkräne könnten ihre Ausleger schwenken, die Schiffe sich in Bewegung setzen und an der Fassade könnte ein Fensterladen aufgehen, als würde sie zwinkern. Die Dinge würden das vergessene Menschliche annehmen und die Passanten ersetzen, die es in diesen Milieus so augenscheinlich nicht gibt. Doch letztlich tun sie doch nichts, die Dinge, ausser dazusein. Ein wenig ergehen sich diese Bilder in einer Schule der Beiläufigkeit. Dann liefern sie mit ihren Veduten von unten und Panoramen von hinten jene wohldurchdachte Schlichtheit, die mit einem Wort von Johann Gottfried Herder seit dem späten 18. Jahrhundert "Phänomenologie" heisst. Doch dann sieht man auf die Dimensionen dieser Blätter, und die pure Vorhandenheit schickt sich doch in die Bereitschaft zum Monumentalen. Angelis Blätter sind Exerzitien in Modernität, und gerade durch ihre Leere lassen sie einen ins Überlegen geraten. Geschickt entziehen sie sich der Festlegung auf eine spezielle Ästhetik und spielen mit den Möglichkeiten des Abbildhaften. Gerade in diesem Mehrfachsinn sind sie modern. Nur in einem sind es nicht: In der Virtuosität des Prinzips Zeichenmaterial auf Papier. Da sind sie altmeisterlich.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Angeli - Kohlezeichnungen
12.01 - 22.02.2006

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


Ihre Meinung

3 Postings in diesem Forum
weniger isr mehr!
Pichler Wolfgang | 19.01.2006 02:00 | antworten
Diesmal nur Lob, von mir dem berufsmäßig kritischen .Diese paar Blätter und Leinwände (denn auch solche sind darunter!) haben mehr Substanz als hunderte und aber hunderte der aufdringlich zeitgenössisch daherkommenden werke ...aber ich werde mich nicht im schelten anderer üben sondern nur alle auffordern sich diese Meisterwerke des Wesentlichen zu betrachten und sie wirken zu lassen...In diesem "Nichts" stekt alles und viel mehr.Wir können Kunst endlich wieder einmal zum Anlass nehmen zur kritischen Reflexion über uns selbst und die Welt. Diese Bilder lassen genug Freiraum für den Betrachter und haben gleichzeitig genug Substanz um nicht beliebig zu sein. Grosser Meister der Gegnwart!! Unbedingte Empfehlung!!
völlig überschätzt
Keine Ahnung | 26.01.2006 05:44 | antworten
lustig, dass eine zwar handwerklich geschickte, aber ansonsten völlig harmlose Ausstellung sowohl Herrn Metzger als auch einen Poster zur Schwärmerei bewegt.... da muss ich schon entgegnen: ich finde es eine TOTAL LANGWEILIGE UND GEFÄLLIGE Anbiederung des offensichtlich in die Jahre gekommenen Angeli!
überschätzt?
W.A.M. | 30.01.2006 09:59 | antworten
nun ich weiß nicht, ob die Ausstellung durch die Rezension von Herrn Metzger wirklich als "überschätzt" zu bezeichnen ist.Man hält sich an Tatsachen - Angelis Werke zeigen menschenleere, atmosphärische Plätze, Gassen Venedigs. Eine Wertigkeit lese ich aus der Rezension nicht heraus - Herr Metzger hält sich doch relativ neutral, was dann auch gut sein wird...

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