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Zur Tektonik der Geschichte: Geschichte und Gegenwart im Bild

In ihrer Ausstellung "Zur Tektonik der Geschichte" erkundeten die KuratorInnen Andrea Domesle und Martin Krenn die Möglichkeiten, wie aus geschichtlichem Potential künstlerische Arbeiten zu Befindlichkeiten über gegenwärtige politische und gesellschaftliche Diskurse geschaffen werden können. Im Bereich der Geowissenschaften werden unter Tektonik Bewegungsvorgänge in der Erdkruste verstanden, die zu langsamen Verschiebungen oder auch Brüchen von Bodenelementen und Gesteinsschichten führen können. Wie lässt sich dieser Vorgang nun auf die gezeigten künstlerischen Arbeiten übertragen? Dass die zeitlichen Verschiebungen von Geschichtsmomenten in die Gegenwart nicht immer mit der Akzeptanz inhaltlicher Veränderungen einhergeht, verdeutlichte Hans Haackes legendäre Intervention im Grazer Stadtraum anlässlich eines der letzten großen Gedenkjahre an die Ereignisse in den 1930er und 40er Jahren im Jahr 1988. Der Brandanschlag auf die realbildliche Rekonstruktion der Mariensäule von 1938 mit Vermerkung der Opferzahlen besiegter bzw. im Krieg in der Steiermark getöteter Personen zeigte die Ohnmacht der Öffentlichkeit bezüglich einer Reflektion von Kunst, deren Bildsprache zu nah an eine vermeintlich geglaubte Wirklichkeit stößt und daher als solche automatisch missverstanden wird. Vom Zusammenspiel wörtlicher und bildlicher Darstellungen und ihrer semantischen Verschiebungen handelt Lisl Pongers Fotoarbeit "verzogen", die als Wortspiel unterschiedliche Konnotationen offen lässt und mit der bildlichen Darstellung des "unter den Teppich Kehrens" nicht nur die Vertreibung jüdischer Familien aus ihren Wohnungen sondern auch die Vertreibung von unpässlichen Geschichtsmomenten aus dem Gedächtnis thematisiert. Einen Bruch mit der sich immer wieder an sich selbst reibenden Geschichte verortet Tim Sharp in seinem Foto Abbruch Aspangbahnhof 2003, der von 1939 bis 1942 als Deportationsbahnhof für tausende von Menschen diente. Dem gegenüber überlässt Gustav Metzger BesucherInnen die Wahl, ein Bild zum Anschluss 1938 unter einer Decke am Boden zu erfühlen. Das Verschwimmen von Erinnerung, das die Verschiebung geschichtlicher Momente mit sich bringt, lässt sich etwa in einem beeindruckenden Video von Arye Wachsmuth festmachen, das durch fotografische, jedoch nicht erkennbare Innenräume der 1920er und 30er Jahre streift.
Mehr Texte von Walter Seidl

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Zur Tektonik der Geschichte
25.11.2005 - 15.01.2006

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