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Kunst 05 Zürich: Der elfte Versuch

Nach Berlin (2002), Wien (2003) und dem letztjährigen Experiment schweizerische Offspaces einzuladen, ist heuer New York zu Gast an der Kunstmesse Zürich. Doch irgendwie reicht die amerikanische Herkunft allein nicht aus, um den Geruch der Avantgarde in den Oerlikoner Industriehallen zu verbreiten und so präsentiert sich die Messe teilweise als amerikanischer Basar mittelprächtiger Zeichnungen, banaler Bastelarbeiten und trivialer Malerei, dessen vorherrschende Themen Superhelden, Fellatio und Al-Quaida sind. Rühmliche Ausnahmen sind die Auden Galerie (Bad Homburg) bzw. dessen New Yorker Partner Global Art Affairs und Parker`s Box (New York). Erstere zeigen Klassiker wie Warhol, Ramos und Liechtenstein, letztere mit Samuel Rousseau einen wahrhaft würdigen Nachfolger Margrittschen Humors, wie "Canevas Joconde" (7.000,- CHF) beweist. Ansonsten sind wie jedes Jahr eher schweizerische und deutsche Galerien vorherrschend. Österreich - und dies ist ein wahrhaft erbärmliches Zeichen - wird nur von Ulrike Hrobsky aus Wien vertreten, die mit Ursula Bohren Magonis floral-vegetabilen Fotos eine gut gestaltete One person Show präsentiert. Auch die österreichischen Künstler sind in Zürich eher spärlich. Am auffälligsten tritt noch Robert Schaberl in Erscheinung, der mit mehreren grossformatigen Arbeiten seiner Zentralformen (210 x 210 cm für 30.000.- CHF) bei Marianne Hollenbach (Stuttgart/Zürich) und Kashya Hildebrand (New York/Zürich/Genf) seine Position kontinuierlich weiter ausbaut. Sehenswert auch Hans Kupelwieser ebenfalls bei Marianne Hollenbach und Jakob Gasteiger bei Bernd Lausberg (Düsseldorf/Toronto). Von Arnulf Rainer, Hans Staudacher, Maria Hahnenkamp und Richard Jurtitsch findet sich vereinzelt etwas. Videos, Streifenbilder und die mittlerweile unerträglichen, im Photoshop gebastelten Unschärfefotos sind sporadisch vertreten; dafür gibt es viel Malerei und Zeichnungen. So birgt der Stand von Margit Haldemann (Bern) mit Gemälden von Bendicht Fivian, Uwe Wittwer, Jörg Mollet, Heinz Egger und Ladina Gaudenz einen ausgezeichneten Querschnitt über gegenwärtige Schweizer Malerei. Insbesondere von Wittwer (Memento Mori, 8.800.- CHF), Fivian (Damm, 1999, 8.200.- CHF) und Gaudenz (Vertigo, 2005, 5.500.- CHF) gibt es einiges zu entdecken. Auch die Galerie Kabinett (Bern) enthält einige Lustbarkeiten, darunter Zeichnungen von Christian Denzler und neue Arbeiten von Marcel Gähler und Filip Haag. Bei Robert Drees (Hannover) gibt es Sehenswertes von Jürgen Jansen und Arvid Boecker. Und Marianne Hollenbach (Stuttgart) hält auch dieses Jahr ihren jungen britischen MalerInnen die Treue und zeigt einige feine Arbeiten von Alexis Harding, Richard Kirwan, Jane Harris, Michael Stubbs und den Geheimtipp DJ Simpson zu fairen Preisen. Im Bereich der Fotografie sind eigentlich nur Peter Schlörs schwarz-weisse Landschaften, die bei Arte Giani (Frankfurt/M.) in einer One person Show präsentiert werden, nennenswert. Günstige "Einstiegsdrogen" gibt es diesmal zahlreiche. Hervorhebenswert sind die subtilen Zeichnungen (550.- CHF) von Sebastian Rug bei der Galerie Post (Leipzig), Lithografien (180.- CHF) von Max Cole beim Verein für Originalgraphik (Zürich) oder kleinformatige monochrome Lustbarkeiten (300.- CHF) von Victoria Coeln bei Edition Multiple Art (Zürich). Wahrhafte Inkunabeln bieten Walter Bischoff (Stuttgart) mit einem monochromen Gerhard Richter von 1972 für 70.000.- CHF, Arnaldo Carzaniga (Basel) mit Raritäten von Varlin und dem hierzulande noch eher unbekannten Serge Brignoni (Composition surréaliste, 1943) für 18.000.- CHF und Frank Pages (Baden-Baden) mit erlesenen Tuscharbeiten (8.800.- bis 41.000.- CHF) des chinesischen Dissdenten Gao Xingjian und einem ungewöhnlichen A. R. Penck von 1982 (75.000.- CHF). Abschliessend wäre noch anzumerken, dass sich die Zürcher Messe durch ihre Überschaubarkeit, angenehme Atmosphäre und den Besuch finanzstarker Käuferschichten auszeichnet; es bleibt zu hoffen, dass diese "Trümpfe" endlich erkannt und künftig auch vermehrt genutzt werden. Da die Veranstalter auch im elften Versuch Experimenten gegenüber offen stehen, wäre es vielleicht reizvoll in den kommenden Jahren beispielsweise Helsinki, Glasgow und Barcelona als Gaststädte zu begrüssen.
Mehr Texte von Harald Krämer

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Kunst 05 Zürich
18 - 21.11.2005

Messezentrum
8050 Zürich-Oerlikon, Thurgauerstrasse 11
http://www.messe.ch


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