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Dierk Schmidt - Die Teilung der Erde: Malerei als verbindender Code

In der Zeit der neokonservativen Wende in Politik und Kultur erscheint die Malerei des deutschen Künstlers Dierk Schmidt (geb. 1965), in der er das Globale politisch neu zu erfinden versucht, als eine bemerkenswerte Ausnahme. Der Künstler war in Wien bereits in einigen thematischen Ausstellungen zu sehen (unlängst in der Secessions-Ausstellung Die Regierung). In seinem künstlerischen Vorgehen unterscheidet er sich von den marktorientierten deutschen Malern der jüngeren Generation dadurch, dass es ihm nicht um eine Ästhetisierung von "Ostruinen" (Neue Leipziger Schule), nicht um kämpferische Ausdrucksformen (Jonathan Meese) oder um eine Produktion von sinnlichen Wellness-Bildern (Neue Deutsche Romantik) geht, sondern es handelt sich bezeichnenderweise um plausible Zusammenstellungen von historischen Erfahrungen, die der Frage nach dem "und", so wie sie Ulrich Beck einmal erklärt hat, erweiternd forschend nachgeht. Im Vergleich mit den Leistungen seiner Landsleute nimmt sich seine in Abstraktion und Figuration, Code und Genre fragmentarisch geteilte Malerei skeptisch und trocken aus. So wie einmal Adolf Menzel führt er die deutsche Malerei in seinen Historienbildern zu den Kehrseiten von Geschichte und Gesellschaft. Falls Schmidt von einer Ordnung Abschied nimmt, die das Politische der vorangegangenen Jahrhunderte bestimmt hat, dann tut er das, indem er jedes Mal nach Schlüsselereignissen sucht, die für die Gegenwart der Historie und für die Kondition der Demokratie in den noch als Nationalstaaten agierenden Ländern eine Bedeutung haben. In der aktuellen Ausstellung "Die Teilung der Erde" nimmt der Künstler sich das (nicht mehr geteilte) Deutschland vor und wählt als adäquates "und" jene zwei Ereignisse, die Geschichte der kapitalistischen Mikro- und Makroökonomie und des Völkerrechtes in der Zeit "der rettungslosen Globalität" verbinden: Die Berliner Afrika-Konferenz 1884/85, auf der die Aufteilung des schwarzen Kontinents zwischen den Kolonialmächten unter der Missachtung der lokalen Geschichte und der Menschenrechte neu legitimiert wurde und die Berliner "Schlossgeister - Bildpolitik" rund um die von ihm kritisierte Rekonstruktion des Hohenzollernschlosses als Bauwerk feudaler Repräsentanz. Die in Salzburg präsentierten fünf abstrakten Tableaux des noch nicht abgeschlossenen Zyklus zum Thema der Berliner Konferenz bestechen durch ihre rätselhafte Präsenz und eine formal modern kodierte Bildsprache. Diese lässt sich durch das Lesen von getrennten Legenden spielerisch in ihrem Verhältnis zur Realität erschließen. Auf diese ungezwungene Art kann man auch Genaueres über einen genozidalen Krieg erfahren, den die Deutsche Kolonialmacht gegen die Herero-Bevölkerung im Namen der Rassentrennung in heutigem Namibia geführt hat. Schmidts neuer Mal-Code erlaubt gleichsam darüber zu sprechen "und" zu schweigen.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Dierk Schmidt - Die Teilung der Erde
22.09 - 27.11.2005

Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h


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