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Wiedereröffnung der Antikensammlung: Aura Pacis

Im "Führer durch die Sammlungen des Kunsthistorischen Museums", Abteilung "AntikenSammlung", erschienen 1988, liefert Kaiser Commodus eine ziemlich untergriffige Performance. Als "entarteter Sohn des großen Mark Aurel" wird er darin gekennzeichnet, als "Wüstling" gar. Nun, im soeben publizierten Büchlein "Meisterwerke der Antikensammlung", das weitaus mehr Katalognummern enthält als der frühere Guide, ist Commodus der Auftritt einfach gestrichen. Offenbar passten Diktion und Position nicht mehr ganz in unsere Zeit. Modernität ist denn auch das Signum der Antikensammlungen, wie sie nun neugeordnet und neueröffnet das KHM zieren. Modernität, das bedeutet zuallererst Elektrifizierung, denn das Haus war einst allein fürs Tageslicht konzipiert. Nun wird allenthalben Strom verteilt, und Lampen blitzen auf Boden und Decke und vor allem auch in aller Strahlkraft auf die Exponate. Commodus etwa findet sich mit seinem Vorgänger Augustus, seinem Vater Marc Aurel, seinem Nachfolger Septimius Severus, dessen Gattin Julia Domna und vielen anderen in ein denkwürdiges Defilee versetzt, bei dem sie aufgebaut sind wie eine Touristengruppe aus dem Mittelmeerraum beim ersten Fototermin: steif, starr auf einen Punkt fixiert und scharf gestellt auf Poren und Pickel. Vom Erhabenen zum Lächerlichen ist es ja bekanntlich nur ein kleiner Schritt. Im Licht ballt sich augenscheinlich der Stolz des Hauses auf seine Bestände, und bisweilen funktioniert das auch mit der Aura. Dass das Highlight schlechthin, die Gemma Augustea, allerdings blau daherleuchten muss unter seinem Glassturz, ist an einmaliger Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag, eindeutig des Guten zuviel. Apropos Glas und Sturz. Die vielerlei Vasen sind in einer Vitrine zur Präsentation gekommen, die bis zur Decke reicht. Von einem Gutteil der Preziosen wird man entsprechend allein des Sockels gewahr, und auch den sieht man dann als Hohlform von ganz weit unten. Paul Veyne, der französische Althistoriker, hat einst gefragt, warum die Reliefs der Trajansäule nicht nur bis zu jener Höhe ausgearbeitet sind, an der man alles deutlich erkennen kann, sonder bis zur Spitze; die Antwort, so Veyne, könne nur sein, dass dieser Rest eben für die Götter arrangiert wurde. Teile der Neugestaltung im KHM sind offenbar auch für die Götter arrangiert. Oder für den Hugo.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Wiedereröffnung der Antikensammlung
05.09.2005

Kunsthistorisches Museum
1010 Wien, Burgring 5
Tel: +43 1 525 24 0
Email: info@khm.at
http://www.khm.at
Öffnungszeiten: Di-So 9.00-18.00


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