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Sammlung 2005: Spekulation auf die Zukunft

Es ist ein kannibalischer Akt. Aber zugleich ist es auch ein hoch symbolischer Akt, der die Allmacht des historischen Siegers eindrucksvoll bekundet. Denn die Ausstellung von Marcel Broodthaers "Section Publicité du Musée d`Art Moderne, Département des Aigles" (1972) in der Düsseldorfer K21 bedeutet einem zweifellos, dass das beispielhafte institutionskritische Manöver, das mit dieser "Fiktion eines Museums" veranstaltet wurde, der angefeindeten Einrichtung letztlich überhaupt nichts anhaben konnte. Dass vielmehr die restlose Einverleibung der einen Fiktion durch die andere, denn um nichts anderes als eine Fiktion (oder recht eigentlich Projektion) handelt es sich im Grunde bei einem Museum für zeitgenössische Kunst, dem Vertilgten - oder soll man sagen: Getilgten - nicht nur die subversive Spitze genommen, sondern ironischerweise gerade an ihm die eigentlich beanstandete selektive und statuierende Funktion des Museums erprobt hat. Und so ist es wahrscheinlich nur folgerichtig, wenn dieses Werk den Auftakt der Neupräsentation der Sammlung bildet, weil es - nach seiner institutionellen Zurichtung - geradezu emblematisch die museale Bedeutungs- und Wertproduktion vorführt, die in diesem Haus insofern besonders delikat anmutet, als hier dem Urteil der Zukunft, die die Würdigkeit der Exponate erst zu erweisen hätte, spekulativ - aber damit auch manipulativ - vorgegriffen wird. Die Arbeit Broodthaers` fügt sich dabei in ein historisches Ensemble, zu dem Künstler wie Jannis Kounellis, Mario Merz oder Michelangelo Pistoletto beigesteuert haben und das die in den 1960ern angestoßene Erweiterung des Skulpturenbegriffs (in die Installation) verfolgt. Demgegenüber bezeugen die Arbeiten aus den 80er und 90er Jahren ein vermehrtes Interesse an der menschlichen Figur (Katharina Fritsch, Paul McCarthy, Juan Muñoz, Ron Mueck) bzw. an narrativen und symbolischen Momenten (Christian Boltanski, Ilya Kabakov). Wie überhaupt ein Hang zur Skulptur auffällt (die noch durch einen Block neuerer englischer Werke von Tony Cragg, Richard Deacon oder Rachel Whiteread vervollständigt wird), der sich der diesbezüglichen Vorliebe des Sammlerehepaars Ackermans verdankt, dessen Bestände zu übernehmen man 2004 die Gelegenheit ergriff, wodurch der Sammlung letztlich erst Repräsentativität zuwuchs. Daneben vermag nur die Photo- und Videokunst mit teils herausragenden Beispielen von Nam June Paik ("TV Garden") oder Jeff Wall zu bestehen, wobei innerhalb dieses medialen Komplexes mit Werken der Becher-Schüler Gursky, Struth, Ruff und Höfer wohl auch unzweifelhaft eine Düsseldorf-Affinität zu bemerken ist. Neben der durchaus gelungenen, manchmal sogar poetisch berührenden Inszenierung der einzelnen Räume sollten aber auch noch die dort befindlichen Texttafeln Erwähnung finden, deren intellektuelle Unzulänglichkeit bisweilen geradezu Schmerzen bereiten kann.
Mehr Texte von Peter Kunitzky

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Sammlung 2005
02.06 - 18.09.2005

K21 Ständehaus Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen
40217 Düsseldorf, Ständehausstraße 1
Tel: +49-(0)211-8381-130, Fax: +49-(0)211-8381-201
Email: info@kunstsammlung.de
http://www.kunstsammlung.de
Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18.00, Sa, So 11-18.00 h


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