Werbung
,

Wie Gesellschaft und Politik ins Bild kommen: Der Fragebogen

Früher, als der Mensch noch kompliziert war und das Zusammenleben mit ihm einfach, lief es auch mit dem Kunstmachen noch durchaus schlicht. Die Frage, wie der Mensch ins Bild kommt, ließ sich etwa dergestalt beantworten, dass man die Leinwand auf den Boden legte, sich mit Pinsel und Farbtopf bewehrte, auf das Karree aus Stoff drauftrat, die Farbe tröpfeln ließ, Jackson Pollock hieß und gerade das Action Painting erfand. Heute, da der Mensch sich eindeutig bestimmen lässt als jener Ort, an dem soziale, psychische und biologische Systeme aufeinandertreffen, aber sich der Umgang mit einer solchen Schnittmenge naturgemäß schwierig gestaltet, muss auch die Frage, wie es sich mit der Präsenz im Bild verhält, anders gestellt werden. Die Generali Foundation versucht es in ihrer neuen Gruppenschau folgendermaßen: "Wie Gesellschaft und Politik ins Bild kommen." So, wie sich die Ausstellung präsentiert, ist die Antwort wiederum durchaus einfach. Vehikel der Aufnahme ins Piktorale ist der Fragebogen, und die Erhebungen, die in den letzten vierzig Jahren diesbezüglich angestellt wurden, fallen in der Tat erschöpfend aus. Hans Haacke zum Beispiel wollte schon 1969 wissen, aus welchen Gegenden New Yorks und der Welt diejenigen kamen, die sich für seine Arbeit interessierten. Stephan Willats trat mit seinen Investigationen in verschiedenen Milieus des westlichen London von 1972 an, Maria Eichhorn versuchte es 1995 bei den Angestellten der Generali Versicherung in Berlin, und damit die Gegenwart nicht zu kurz kommt, hat Andreja Kuluncic für die Besucher eine Umfrage ausgearbeitet, die dem universalen Problem nachgeht: "Sind Sie gerecht?" Da muss sich natürlich jeder an die eigene Nase fassen, und eben das haben die versammelten Künstler und Künstlerinnen auch getan, wenn es daran ging, das Erhobene in die Fasson zu bringen. Haacke also arbeitet mit in Reih und Glied gebrachten Schwarzweiß-Fotos, Willats mit einer spröden Darbietung per Wandtext und Handout. Maria Eichhorn hat eine bunte Vitrine zusammengestellt, und die gerade laufende Untersuchung zur Gerechtigkeit wird sich hüten, ohne Computerterminal auszukommen. In diesen Inszenierungen wird es bei aller soziologischen Beflissenheit dann doch immer eher eigen und eigenartig, und hier spätestens wird man der Selbstverständlichkeit gewahr, dass die Ergebnisse einer gewissen ästhetischen Unschärfe unterliegen. Wenn die Gesellschaft oder die Politik bestimmte Informationen benötigen, werden sie also womöglich doch auf andere Verfahren zurückgreifen als auf jene, die die Generali Foundation in petto hat.
Mehr Texte von Rainer Metzger

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Wie Gesellschaft und Politik ins Bild kommen
16.09 - 18.12.2005

Generali Foundation
1040 Wien, Wiedner Hauptstrasse 15
Tel: +43 1 504 98 80, Fax: +43 1 504 98 83
Email:
http://foundation.generali.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Do 11-20, Sa, So 11-16h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: