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Spielräume: Ein weites Feld

Das Verständnis der Kunst als Spiel darf man wohl getrost als nicht mehr ganz neu bezeichnen. Denn seit der Moderne kann, aber spätestens seit Anbruch der Postmoderne muss die Wesensverwandtschaft der beiden Sphären eigentlich sinnfällig geworden sein. Man wäre also beinahe veranlasst, schon den prinzipiellen Ansatz als tautologisch zu verwerfen. Leider trägt aber auch die Auffassung des einschränkenden Begriffs "Raum" nur geringfügig zur Klärung oder Schärfung des Gegenstandsbereichs der Ausstellung bei, weil man damit nicht nur konkret den für ein Spiel eigens bestimmten Ort, sondern auch noch den "Handlungs- und Entscheidungsspielraum, der einen Freiraum für Verhalten gibt, dem freien Spiel der Gedanken Raum lässt und somit der geistige Raum ist, in dem Kunst entsteht" fassen möchte. Hierunter kann also wirklich viel fallen. Und wenn die Kuratoren zudem eingestehen, dass sich die Auswahl der Künstler und Kunstwerke "einem freien Spiel der Kräfte verdankt, in dem Instinkt, Spürsinn und manchmal der Zufall eine Rolle spielten", dann kann man sich schließlich des ärgerlichen Eindrucks nicht mehr erwehren, dass hier bloß das ebenso beliebte wie schlechthin einfallslose postmoderne Spiel des "anything goes" einmal mehr zur Aufführung gelangt. Nahezu aufreizend wirkt es aber, wenn - wie im Katalog geschehen - an den Besucher dazu noch die Aufforderung ergeht, die Werke "auf Übereinstimmungen und Unterschiede zu überprüfen und zu schauen, wie sich Themen und Aspekte unterschiedlich vernetzen". Man könnte sich demnach tatsächlich fragen, welche - vermutlich höchst rhizomatische - Verbindung beispielsweise zwischen Paul Pfeiffers manipuliertem C-Print eines Basketballers (Four Horsemen of the Apocalypse #15), der die amerikanischen Sporthelden geltende Idolatrie zu seinem Gegenstand hat, und Peter Friedls unmittelbar benachbarter Diaschau "Playgrounds" besteht, die unter anderem die weltumspannende Phantasielosigkeit urbaner Architektur aufzuzeigen sucht. Und auf welch hintergründige Weise könnte dazu letztlich wohl Christoph Draegers Puzzle "Enschede" passen, das die Auswirkungen der Explosionskatastrophe in der nämlichen niederländischen Stadt abbildet? Es ergibt sich folglich, dass das dürftige Ausstellungskonzept sich des überaus dehnbaren Begriffs des Spiels bedient, um unter diesem Dach Arbeiten versammeln zu können, die merklich wenig Berührungspunkte untereinander aufweisen und - noch schlimmer - auch zu ihrem Leitbegriff oftmals nur in einem sehr oberflächlichen oder unbedeutenden Verhältnis stehen. Ebenso ergibt sich aber, dass das übergestülpte Konzept die Qualität der Einzelwerke zum Glück unbetroffen lässt, unter denen dann vielleicht die intrikat-doppelbödigen Arbeiten Sophie Calles am ehesten hervorzustechen vermögen.
Mehr Texte von Peter Kunitzky

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Spielräume
05.06 - 04.09.2005

Wilhelm Lehmbruck Museum
47051 Duisburg, Friedrich-Wilhelm-Straße 40
Tel: +49 (0) 203 283 26 30 / 32 94, Fax: +49 (0) 203 283 38 92
Email: info@lehmbruckmuseum.de
http://www.lehmbruckmuseum.de
Öffnungszeiten: Di-Sa 11-17, So 10-18 h


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