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Jeremy Deller - An injury to one is an injury to all: Auf zum letzten Gefecht

Wie sich Kunst auf politische Ereignisse beziehen und dennoch möglichst blutleer, flach und belanglos in den eigenen vier Wänden stecken bleiben kann, führte bis vor kurzem die heiß umfehdete RAF-Ausstellung in den Berliner Kunstwerken vor (demnächst übrigens auch in der Grazer Neuen Galerie zu sehen). Dass es auch anders geht, demonstriert Jeremy Deller in seiner aktuellen Ausstellung in der BAWAG Foundation. 800 Leute konnte er gewinnen, um einen Kampf nachzustellen, der als "Battle of Orgreave" in die Geschichte eingegangen ist: 1984 streikten englische Bergarbeiter ein Jahr lang in Reaktion auf drohenden Stellenabbau, bis sie sich in besagtem Kampf mit der Polizei geschlagen geben mussten. Für seine Aktion engagierte Deller sowohl ehemalige Bergarbeiter als auch sogenannte Re-Enactment-Gruppen, die in ihrer Freizeit historische Schlachten nachstellen. Dabei ergaben sich, wie man in dem von Deller gemeinsam mit Mike Figgis gedrehten Film beobachten kann, buchstäblich spannende Situationen: Die Arbeiter schienen teilweise tatsächlich die damaligen Kämpfe "wieder zu erleben" - stark emotional besetzt sind sie heute noch. "The Battle of Orgreave isn`t "about` the miners` strike" in the same way that, say, Steven Spielberg`s Saving Private Ryan is "about` World War II", schrieb Tom Morton in der Kunstzeitschrift frieze, "Rather, it`s a part of its history, an epilogue to an experience." Der Film, der in seiner beeindruckenden Differenziertheit sukzessive Unsicherheiten der Teilnehmer aufscheinen lässt, macht dies auch klar - immer wieder beziehen sich damalige Beteiligte auf ihre heutige Situation, immer wieder ist von Fortschreibungen in die Gegenwart die Rede. In einem Archiv informiert Deller penibel über den Streik (formal schön gelöst: Eine Timeline, deren schwarze Linie in der Mitte des Aufdrucks eines Polizeischilds weitergeführt wird), Re-enactment-Gruppen, die teilweise skandalös tendenziöse Medienberichterstattung sowie Streik im allgemeinen und im besonderen. Dieser Teil der Ausstellung kommt zwar ein wenig trocken daher. Gegen die Intensität des Films bildet er allerdings einen guten Gegenpol. Und gegen plakative und uninspirierte Polit-Kunst sowieso.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Jeremy Deller - An injury to one is an injury to all
21.05 - 25.06.2005

BAWAG Foundation
1040 Wien, Foundationsquartier, Wiedner Hauptstraße 15
Tel: +43 1 504 98 80 38, Fax: +43 1 504 98 80 39
Email: foundation@bawagpsk.com
http://www.bawag-foundation.at
Öffnungszeiten: Di bis So, feiertags 11 bis 18, Do bis 20 Uhr


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