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Neue Immobilien - Skulpturale Arbeiten von Michael Kienzer: Die Orte der Kunst

Wenn Künstlern Räume in die Hände geraten, kann das bisweilen groteske Züge annehmen. Yves Klein liefert das vielleicht einschlägigste Beispiel dafür mit seiner im Jahr 1958 in der Pariser Galerie Iris Clert ins Werk gesetzten Ausstellung "le vide", die tatsächlich nichts zeigte als den leeren Raum eines Erdgeschosses. Täglich sollen sich Hunderte von Besuchern in der Schau gedrängelt haben. Dennoch bleiben, wie Klein selbst es beschreibt, "viele Leute stundenlang in der Galerie, ohne ein Wort zu sagen, und manche zittern oder fangen an zu weinen." Im gerammelt vollen Saal wird die Geworfenheit des Einsamen geprobt. To whom it may concern. Michael Kienzers Anspruch mit seiner Ausstellung im MAK ist kaum geringer als der des kruden Immaterialisten vor einem halben Jahrhundert. "Neue Immobilien" nennt er die Versammlung von nicht mehr als drei skulpturalen Arbeiten der jüngsten Zeit. Natürlich ließe sich die Trias genausogut als Mobilien bezeichnen, doch in seiner Namensgebung macht Kienzer schon klar, dass es ihm um die Räume als Ganze geht. Die Räume sind nicht die geringsten: Es geht um die Galerie des MAK, den mittlerweile angestammten Ort für zeitgenössische Präsentationen. Es geht um die Säulenhalle des MAK, das architektonische Aushängeschild des Hauses. Und es geht um die öffentliche Sphäre vor dem Museum, die Interferenzzone zu allem, was der Fall ist. Diese drei sehr institutionellen Gegebenheiten will Kienzer nun so etwas wie besetzen. Das gelingt ihm ganz hervorragend in der Galerie, für die er mehr als sechs Kilometer fingerdicken Drahtes zu einem Knäuel gewickelt hat, zu einem überbordenden Stück Haushaltsware, das sich sperrt und sträubt gegen die widersinnige Behandlung. Kienzers Meisterstück. Das gelingt ihm etwas weniger gut im Lichthof, in dem ein Ballon schwebt, in Fasson und Fassung gehalten von einem der wichtigsten Rohstoffe Kienzers, dem Klebeband. Und es gelingt ihm noch etwas weniger draußen vor der Tür, wo neben den Ampeln, Lichtmasten und Verankerungen ein Blumentopf zur Aufstellung gekommen ist, aus dem Eisenrohr blüht, an dessen Ende in luftiger Höhe ein Wasserhahn samt Pumpe prangt. Kienzers MAK-Präsentation ist eine Parforce-Tour, und selten hat man eine derart ehrgeizige Konzeption gesehen. Dass Kienzer mit dem Prinzip Plastik einen herausragenden Umgang pflegt, stellt die Ausstellung unter Beweis. Dass es leichter und schwerer bespielbare Orte für Kunst gibt, auch.

Mehr Texte von Rainer Metzger

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Neue Immobilien - Skulpturale Arbeiten von Michael Kienzer
23.02 - 12.06.2005

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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