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Bernhard Fruehwirth - Fellatio: Die Männer vom Bois de Boulogne

Sehr einschlägig einladend gibt sich die Ausstellung Bernhard Fruehwirths bei Gabi Senn. "Fellatio" wird per Titel versprochen, und irgendwie wird es auch gehalten. So gesehen geht es pornografisch zu, mit schnellem Sex und beflissenem Hinschauen. Gesehen allerdings wird sehr wenig, und also wird es dann doch nichts mit dem Voyeurismus. Der Blick und das Begehren hangeln sich ins Leere. Und alles andere, das Haptische, Zugreifende, Körperliche. ist sowieso nicht zu haben. Noch ist die Kunst nicht soweit (irgendwann in den nächsten Jahren wird es den Blow Job als interaktive Body Art aber sicher geben). Aus der eigenen Not eine Tugend für andere zu machen, ist nicht nur im Pariser Bois de Boulogne gang und gäbe. Hier aber hat sich Bernhard Fruehwirth aufgehalten und den Freiern auf die Hosen geblickt, die sie zwischen Gestrüpp und an die Sträucher gehängten Planen gleich öffnen werden. Eine seltsame Zeltstadt hat sich im größten Park von Paris aufgebaut, benutzt weniger, um dort zu wohnen, als um Claims abzustecken und anonyme Blasarbeit zu verrichten. Die Männer treiben sich herum, als wäre es das Natürlichste von der Welt, und irgendwann verschwinden sie hinter irgendeiner Stoffbahn, um sich erleichtern zu lassen. Von den Frauen ist nichts zu sehen. Dass sie da sind, erkennt man am anderen Geschlecht. Ganz Undercover hat Fruehwirth seine Aufnahmen gemacht. Und ganz Undercover präsentiert er sie. Er präsentiert sie als Fotos, das heißt in diesem Fall als Negative; die Hell-Dunkel-Umkehrung läßt sie wirken, als habe Fruehwirth mit Nachtsichtgeräten und sonstigem Geheimdienstrepertorie gearbeitet. Und Fruehwirth präsentiert seine Aufnahmen als Video, eingebaut in einen Kasten, der, man ahnt es, mit Gucklöchern perforiert ist, vor denen man nun den Peep-Show-Adepten spielt, um nichts anderes zu sehen als eben Zeltplanen und Männerhosen. Wie so oft ist das Leben viel sprechender als die Kunst, und das, was Fruehwirth an Inszenierungsfloskeln hinzugefügt hat, hätte er angesichts der Rhetorik der Realität auch bleiben lassen können. Doch immerhin: Im Kunstbetrieb hält sich ja hartnäckig das Gerede vom Nomadismus, und Zelte bauen sie immer noch auf, um etwa Messehallen mit dem Existenzialismus des Unbehausten aufzuladen. Was das für ein Blödsinn ist, läßt einen Fruehwirths Arbeit dann doch erkennen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Bernhard Fruehwirth - Fellatio
12.11.2004 - 10.01.2005

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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