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Katarina Matiasek - camouflage studies: Schema und Fragment

Das Künstlerlob lebt durchaus einträglich davon, dass man ein großes Gegensatzpaar formuliert, die Ausschließlichkeit des Entweder - Oder betont, sodann einen Namen ins Spiel bringt und seinen Träger schließlich als denjenigen Einzelkönner apostrophiert, dem es gelingt, im Schaffen die Gegensätze zu vereinen und ein weltumspannendes Sowohl - Als Auch zu kreieren. Die Antiken versus die Modernen, die Romantiker versus die Aufklärer, die Idealisten versus die Realisten oder die Abstrakten versus die Figurativen lieferten einmal solche Gegensatzpaare. Für die Gegenwart könnte man hinzufügen: die Schematischen versus die Fragmentarischen. Diejenigen, die die Welt per Diagramm bannen wollen, stehen dabei denen gegenüber, die die Welt im Ausschnitt dingfest machen. Loben wir nun Katarina Matiasek und ihre jüngste Ausstellung in Grita Insams Außenstelle im Wiener Heiligenkreuzerhof und stellen fest, dass es ihr gegeben ist, das Diagramm mit dem Fragment zu verbinden. Fotos stellt sie aus, in panoramatischem Breitformat auf den Leuchtkasten gebannt, auf denen die Skyline von Chicago respektive Gräser zu sehen sind. Zweifellos wird hier dem Prinzip Ausschnitt willfahren. Was gäbe es Teilhaftigeres als die "Leaves of Grass" oder die Häuser, die die Welt bedeuten? Anderseits aber sind diese Fotos bearbeitet, und sie liefern peu à peu und im Verlauf ihrer Präsentation auf dem Cinemascopeformat die Aggragatszustände, zu denen sie in der Lage sind. Es beginnt mit Schwarzweiß, changiert hinüber ins Farbige, wechselt sodann in die Inversion und wird zum Negativ, um schließlich wieder in der Ausgangslage zu enden. Das Breitband wird zu einer Art Vektor, in dem sich einträgt, was es an Möglichkeiten materieller Befindlichkeit gibt. Von unter null bis über hundert Grad wird das Wasser vom Eis zum Dampf. Ungefähr so wird auf Katarina Matiaseks Panoramabildern das Foto vom Nostalgiefaktor zu jener Technik der Tarnung, auf die die Titel "Camouflage" dann auch anspielen. Plötzlich sind Chicago und Wiese weniger Embleme der Zivilisation oder des Wildwuchses als Lieferanten für tabellarische Abkürzungen. Die Hochhäuser und die Halme entsprechen den vertikalen Balken, wie man sie von jedem Diagramm und jedem Schaubild kennt. Die Horizontale wiederum wird markiert von der Bewegung des fotografischen Auges. Die Welt und ihre Schematisierung, sie gehen ineinander über. Die Camouflage funktioniert. Das nächste Motiv für Katarina Matiaseks Breitwände ist auch schon gefunden: Bücher.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Katarina Matiasek - camouflage studies
10.11 - 11.12.2004

Galerie Grita Insam
1010 Wien, An der Hülben 3
Tel: + 43 1 512 53 30, Fax: +43 1 512 5330 15
Öffnungszeiten: geschlossen


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