Werbung
,

Gelegenheit und Reue: Das Richtige im Falschen

Terry Eagleton erzählt in seinem "After Theory" die folgende Geschichte über George Best, einen der besten Fussballer, die jemals in England spielten. Best hatte seine Schuhe an den Nagel gehängt, logierte im Fünf-Sterne-Hotel, führte eine ehemalige Miss World spazieren, lebte überhaupt in Saus und Braus und ließ sich gerade eine neue Runde Champagner und Kaviar servieren, als der Etagenkellner, der ihn im Bett liegen sah, konsterniert fragte: "George, warum musste das alles so schief laufen?" Die Logik des Kellners hat etwas für sich. Irgendwie hatte Best bei all dem verdammt schönen Leben, das er führte, tatsächlich versagt. Dafür, dieses Irgendwie in den Griff zu kriegen, gibt es die Philosophie. Oder sollte es sie zumindest geben. Und die Kunst hätte auch ein Wort mitzureden, ließe man sie nur zwischen all dem Geraune über Transgender und Teeniebegehren. Der Grazer Kunstverein läßt sie jetzt zu Wort kommen. "Gelegenheit und Reue" ist ein Titel von grandioser Unzeitgemäßheit. Er greift zurück auf die Antike, die immer gut ist, wenn es um Fragen der Lebensgestaltung geht. Kairos ist der griechische Begriff dafür, er umschreibt eine vitale Erfahrung und eignet sich deshalb auch als Gott. Kairos ist der Gott mit Kahlkopf, an dessen Stirn ein Schopf prangt, den man zu ergreifen oder eben zu verfehlen hat. "Gelegenheit und Reue" ist eine Ausstellung von grandioser Zeitgemäßheit. Acht Positionen werden vorgeführt, nicht alle von gleicher Qualität, die sich anhand der konkreten Situationen, wie sie Bilder nun einmal zeigen, um die Menschheitsfrage nach dem richtigen Wann, Wo und Warum ranken. Speziell der Abschluss des Parcours mit Arbeiten von Francis Alys und Ulrike Ottinger zeigt, dass da auch heute viel zu zeigen ist. "Gelegenheit und Reue" ist auch ein Gefühl. Es ist das Gefühl, dass es diese Art von Veranstaltung ist, auf die man seit Jahren gewartet hat. Kunstbetrieb, in dieser Richtung geht es weiter!
Mehr Texte von Rainer Metzger

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Gelegenheit und Reue
10.10 - 21.11.2004

Grazer Kunstverein
8010 Graz, Palais Trauttmansdorff, Burggasse 4
Tel: + 43 316 83 41 41, Fax: + 43 316 83 41 42
Email: office@grazerkunstverein.org
https://www.grazerkunstverein.org/
Öffnungszeiten: Mi-Fr 11-18 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: