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Peter Weibel - das offene werk 1964-1979: Politartist, Poetartist

Peter Weibel ist Protestant. Man hätte es sich denken können, denn Weibel ist der einzige unter den körperbetonten und auftrittsbewußten Künstlern im Österreich der Sechziger, der konsequent auf das Ritual verzichtet. Da gibt es keine Überhöhung und keine symbolischen Weihen. Da wird mit demonstrativer Interesselosigkeit ausgelotet, was die Sprache hergibt, was die eigene Physis und was die Schwerkraft im Ganzen. Das ist Conceptual Art reinster Prägung, von einer Observanz und Orthodoxie, wie es sie zeitgleich nur in England und Amerika gibt. Aber dort glaubt man ja auch protestantisch. Die Ausstellung der Neuen Galerie Graz liefert ihrem Chefkurator die Festschrift zum sechzigsten Geburtstag mit seinen eigenen Bildern. Das Werk der Jahre 1966 bis 1979 wird wieder aufgelegt. Damit passiert jene Zeit Revue, in der der Polyartist noch in erster Linie Artist war. Dass Weibel sich auch damals schon eher auf Mathematik konzentrierte als auf Malerei und er nach eigenem Bekunden keine Kunstbücher las, weil ihm die "zu langweilig" waren, darf man seinerseits als Conceptual Art verbuchen. Der Vielkünstler kann aus allem, was ihm über den Weg läuft, Kunst machen, und Weibel ist der letzte, der sich diese Chance, die ihm ein nicht mehr gattungsbezogenes und nicht mehr traditionsverpflichtetes Werkverständnis eröffnete, hätte entgehen lassen. Erschöpfend wird ausgebreitet, was das Zeitlose an Aktuellem, das Poetische an Historischem enthält. Überhaupt ist der Polyartist eher ein Poetartist als ein Politartist. Als Plakatmotiv hat man ein Foto gewählt, für das sich Weibel vor eine Polizeiwache gestellt hat und ein Pappschild mit dem Wort "lügt" hochhält. Eine solche Inszenierung ist durchaus typisch für Weibels eher sympathetische als konfrontative Art. Dass die Polizei lügt, ist als Bemerkung viel zu skurril und querdenkerisch, um wirklich als Affront durchzugehen: Da hätte ein Schild etwa mit der Aufschrift "unterdrückt" deutlichere Worte gesprochen. Es gibt eine Abteilung, die Weibels Destruktions- und Aufbegehrensphase vorführt, allen voran den "Kunst und Revolution"-Auftritt von 1968. In Kopie wird eine Art Manifest präsentiert, bei dem Weibel sich und der Welt erklärt, was gemeint ist. Die Schlusszeile des Textes liest sich allerdings etwas anders: "Peter Weibel arbeitet mit Geräten von Philips". Einer wie er lässt sich auch die Revolution sponsern.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Peter Weibel - das offene werk 1964-1979
25.09 - 21.11.2004

Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum
8010 Graz, Sackstrasse 16
Tel: +43 316 82 91 55, Fax: +43 316 81 54 01
Email: post@neuegalerie.stmk.gv.at
http://www.neuegalerie.at
Öffnungszeiten: Mo-Sa 9-18, So 9-12 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Unethical?
robert punkenhofer | 13.10.2004 12:28 | antworten
interessante arbeiten, interessante ausstellung... dennoch sehr verwunderlich, dass der chefkurator einer landesgalerie sich selbst ausstellt, mit der entsprechenden professionellen distanz und objektivität, nehme ich wohl an... ;-)

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