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Ingo Nussbaumer: Die Phänomenologie des Runden

"Das Leben ist wahrscheinlich rund." Van Gogh soll das gesagt haben. Nachzulesen wiederum ist es bei Gaston Bachelard, in dessen Klassiker "Poetik des Raumes". "Man hat gesagt, das Leben sei schön. Nein, das Leben ist rund", findet sich als nicht minder treffliches Zitat ebendort. "Ein Nuß macht mich ganz rund", bemerkte einst der Fabeldichter La Fontaine. Auch das hat Bachelards Buch als Zitat parat. Dessen Schlusskapitel heißt: "Die Phänomenologie des Runden." So gesehen und gelesen ist es nur konsequent, dass der Phänomenologe par excellence unter den hiesigen Künstlern, Ingo Nussbaumer, sich nun seinerseits dem Runden verschrieben hat. Auf seinen neuesten Arbeiten, ausgestellt bei Hubert Winter, prangt in aller Heiterkeit der Zirkel, wo bis dato das Karree dominierte. Etwas exzentrisch aber immer konzentriert sitzt er im Zentrum der Bilder, überschnitten bisweilen von einem vorlauten Farbfeld und dennoch ruhig, gelassen, so rund wie ein Buddha. Geblieben ist alles andere, was Nussbaumers Methode auszeichnet: der minutiöse Auftrag, die Unermüdlichkeit der Schichten, die völlige Zurückhaltung vor der Geste, die ausladende Buntheit und die diagrammartige Kombination von Linien und Flächen. Um den Unterschied zu akzentuieren hat sich eines jener Gemälde unter die Neuankömmlinge gemischt, in dem das Prinzip Rechteck noch den Ton angab. Hier korrespondieren Bildformat und Bildmotiv. Bei den jüngsten Arbeiten geraten sie in Konfrontation. Der notgedrungene Formalismus, dem eine Kunst verpflichtet ist, die auf die Primärtugenden der Geometrie und der Optik setzt, wird facettenreicher, komplizierter und geradezu bedeutungshaltig. Alle Anwandlungen an den Schematismus eines Peter Halley sind verschwunden. "Das Dasein ist rund", so weiß Bachelard von Heidegger. Künstlerische Ideen sind es auch. Es ist, als ob da einer sein Idiom gefunden hätte. Ingo Nussbaumers Quadratur des Kreises. Sozusagen das Ei des Kolumbus.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Ingo Nussbaumer
10.09 - 09.10.2004

Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h


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