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Mary Ellen Carroll - Federal: Das Föderale schlägt zurück

Dass die Weltpremiere von Mary Ellen Carrolls Film "Federal" ausgerechnet am Bloomsday stattfand, war Zufall. Die 24 Stunden nonstop, den Carrolls Kaliber braucht, um einen Tag im Leben des Federal Building in Los Angeles abzukonterfeien, passen aber auch ohne Absicht vortrefflich zum 16. Juni, dem Datum schlechthin für die Verfolgung einer ganzen Erddrehung und dem, was sich währenddessen ereignet. Anders als im Ulysses läßt sich bei "Federal" nicht allzuviel von dem, was sich ereignet, nachvollziehen. Lichter gehen an und aus, draußen und drinnen, hinten und vorne, in einem Gebäude, das mit dem garstigen Modernismus seiner Gitterstruktur das Seine dazu beiträgt, um nur keine Kurzweil aufkommen zu lassen. Doch ist das alles nur Mimikry. Im Federal Building hausen die Big Brother - Instanzen, CIA und FBI, mit denen Gods Own Country momentan der Welt aufgeigt. Dieses Gebäude ist ein veritabler Wolf im Schafspelz. "Federal" ist ein Kinofilm. In der Galerie Winter sind dazu Stills zu sehen, jene separat entstandenen Fotografien, die stets so tun, als stammten sie vom Streifen selber. Und es begleitet ihn ein Video, ein Making Of. Carolls Film ist ediert, wie man es heutzutage von allen kinematografischen Großereignissen kennt. Natürlich spielt das Werk auch auf "Empire" an, Andy Warhols 1964er Pilotprojekt, in dem das Empire State Building in acht Stunden vom Sonnenlicht in die Dunkelheit hinüberspielt. Wie der Name des einen Gebäudes auf global macht, so der des anderen auf kleinstaatlich. Und wie acht Stunden kein Tag sind, so treibt erst Carrolls Realzeit-Projekt sein Thema richtig in die Sphären des Totalitären. Wer sich das Werk antut, weiß, wie weit der Anspruch der Kunst gehen kann. Und was ist der Anspruch der Kunst erst gegen jenen der Macht. Mary Ellen Carroll, geboren 1961, in New York lebend, hat mit "Federal" eine Conceptual Art ersonnen, die raffiniert mit den Möglichkeiten von Sichtbarkeit spielt. Kaum jemand, der den Film ganz sieht. Und wer ihn ganz sieht, sieht wenig. Doch gerade das, was der Film nicht zeigt, kann man sich buchstäblich denken.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Mary Ellen Carroll - Federal
18.06 - 31.07.2004

Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h


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