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Der Geburtstag zu Zeiten der Vollrechtsfähigkeit

300 Gäste, so wird kolportiert, hat die Chefin eingeladen, um ihrem Mitarbeiter eine dicke Party zu schmeissen. Wenn die Frau Ministerin Elisabeth Gehrer ihrem Museumsdirektor Wilfried Seipel zum 60. Geburtstag aufwartet, dann offenbar richtig. Und diese Geste hat die Diskussion um Seipel nach Saliera-Klau und Rechnungshofstatement offenbar noch einmal in Schwung gebracht. Denn sie hat die Angelegenheit mit jener Dimension aufgeladen, ohne die eine anständige Untergriffigkeit hierzulande sowieso nicht zu haben ist. Sie hat sie mit Parteipolitik aufgeladen. Also finden die Grünen, die Roten und die Blauen Seipel gerade besonders "untragbar". Dass die Saliera-Geschichte zum Jahrestag wieder aufgewärmt wird, ist angesichts von Österreichs Presselandschaft logisch. Und dazu passt es gut, dass sich der Rechnungshof zum obligatorischen Wort mit einem "Rohbericht" gemeldet hat. Den kann man jetzt ganz ausgezeichnet brauchen und dabei unter den Tisch fallen lassen, dass dieses Papier ein Entwurf ist, dass es demokratischen Gepflogenheiten entsprechend angefertigt wurde, um den Kritisierten und sonstwie Inkriminierten Gelegenheit zur Gegendarstellung zu geben, und dass es also beileibe keine Endfassung ist. Doch das spielt jetzt keine Rolle. Seipels Stellungnahme steht da als Herausreden und der Rohbericht als Anklageschrift. Thomas Trenkler läßt im "Standard" keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass er selbst und sein Blatt die Stories um Seipel schon Jahre lang erzählen. Die Jahre davor hat es aber keinen interessiert. Doch jetzt, wo der Seipel-Hype so schön am dampfen ist, jetzt wird verhört und empört. Und so finden die Grünen, die Roten und die Blauen Seipel gerade besonders "untragbar". Doch natürlich war er das auch letztes Jahr schon. Die Saliera wäre noch da, wäre die Kunstkammer des KHM nicht jahrelang geschlossen gewesen, wäre das Vorzeitgestück nicht darob in die viel ungeschütztere Bildergalerie transferiert worden, von wo sie zu einem Zeitpunkt entwendet wurde, an dem die Kunstkammer schon wieder offen war, aber von einer Präsentation verstellt, die Exponate aus eben der Kunstkammer in einer Sonderausstellung vorführte, weil die mehr Besucher bringt. Die Kapriolen der Vollrechtsfähigkeit finden in Seipel einen ganz besonders beflissenen Vollstrecker. Die Exekutive dankt es ihm mit feisten Feten.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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