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Kooperative Routine

Brussels Art Week, DC Open und Saisonstart Frankfurt

Die Herbstsaison startet und alle wollen in die Pole Position. Während Wien mit curated by ins erste Septemberwochenende drängt, starten zur gleichen Zeit traditionell auch DC Open im Rheinland, der Saisonstart Frankfurt zusammen mit der Art Experience, und auch die Brüssler sind mit ihrer runderneuerten Brussels Art Week unter dem Motto RendezVous bereits zu zweiten Mal zu diesem frühen Datum aktiv. Abgesehen davon finden in New York gerade die Armory Show und in Sao Paolo die Biennale statt. Und in der Woche darauf warten die Berlin Art Week und die viennacontemporary auf Besucher:innen. Wer statt Palmen oder Einreisestress lieber auf dem Alten Kontinent bleibt, hat also immer noch genügend Auswahl.

Für das große Format ist Brüssel immer gut. Sei es der Talk von Kendell Geers mit Marina Abramović zum Auftakt oder die riesige Halle der Patinoire Royale Bach, in der Alfredo Jaar einen kleinen Würfel präsentiert, dessen zehn geschichtete Plättchen Seltene Erden die aktuellen Machtkonflikte auf dem Planeten verkörpern. Mit 40 ist die Zahl der teilnehmenden Galerien kleiner als im letzten Jahr, da das frühe Datum nicht allen passte. Das umfangreiche Begleitprogramm lässt jedoch darüber hinwegsehen. Sogar aus Österreich gibt es einen Beitrag: Eines der 14 reisenden Projekte von „Imagine Climate Dignity“, die im Frühjahr im Wiener Künstlerhaus zu sehen waren, macht für knapp zwei Wochen in Brüssel gegenüber der Galerie Xavier Hufkens Station. Andreas Duscha und Radenko Milak beschäftigen sich jeweils in ihren bevorzugten Medien Fotografie und Aquarell mit medialer Repräsentation im Zusammenhang mit Klimapolitik.

Bereits seit 2008 laden die rheinischen Nachbarn Düsseldorf und Köln zu ihren gemeinsamen Galerieeröffnungen. Früher war das mal eine große Sause, und man versuchte, Berlin Konkurrenz zu machen. Mittlerweile scheint ein bisschen die Luft raus oder – freundlicher gesagt – Routine eingekehrt zu sein. Die später hinzugekommene Konkurrenz ist an beiden Standorten spürbar. Die Zahl der teilnehmenden Galerien liegt bei 20, ein paar mehr dürften es durchaus sein, ohne die Besucher:innen zu überfordern. Sehenswert sind viele Ausstellungen allemal. So lockt Konrad Fischer in seinem Stammhaus mit einer Peter Feldmann-Schau, die jeder Kunsthalle zur Ehre gereichen würde. Und neue Skulpturen von Tony Cragg gibt es nebenbei auch noch zu sehen. Gleich nebenan zeigt „Neuzugang“ Grölle Arbeiten von Alice Musiol. Grölle darf erstmals an der Veranstaltung teilnehmen, obwohl er schon seit 15 Jahren eine Galerie im benachbarten Wuppertal. Die Galerie Droste stammt ursprünglich ebenfalls aus Wuppertal, hat nach neben Paris allerdings schon seit Corona-Zeiten den Stammsitz in Düsseldorf und neuerdings ein Standbein in Berlin. Am Niederrhein zeigt sie aktuell die schwarzhumorigen Gemälde von Willehad Eilers. Gleich mehrere Neuzugänge hat Köln zu verzeichnen – der prominenteste sicherlich Gathering von Alex Flick, der nach London und Ibiza hier seine dritte Galerie eröffnet, die er von Stefan Brüggemann mit Folien auf den Schaufenstern frivol in rotes Licht tauchen lässt. Ganz neu in der Domstadt ist der Ableger der THK Gallery aus Kapstadt. Josey hat sich gerade vom Off Space zur regulären Galerie gewandelt, und die Rehbein Galerie nimmt mit ihren neuen Räumen in der Große Brinkgasse erstmals an DC Open teil. So kommt man in Köln auf 28 Galerien.

Der Frankfurter Saisonstart unter dem Dach der Frankfurt Art Experience wird überschattet vom Tod der guten Seele der örtlichen Kunstszene Anita Beckers. Ihre Galerie hat kurzfristig eine beeindruckende Ausstellung mit Arbeiten von aktuell und ehemalig vertretenen Künstlern auf die Beine gestellt, die die enorme Bandbreite und Weitsicht der Galeristin demonstriert. Die Frankfurter Szene pflegt nicht zuletzt dank ihr einen ausgesprochen kooperativen Umgang, der darin zum Ausdruck kommt, dass trotz ihrer geringen Größe immerhin 41 Galerien offiziell am Rundgang teilnehmen. Zu den Neuzugängen gehört Schugar Rotariu, die – erst in diesem Frühjahr gegründet - vor allem rumänischer Kunst eine Plattform bietet. Aktuell zeigt sie das vielfältige Werk von George Bularca Negru, der noch an der Städelschule studiert. Aus Düsseldorf ist die Galerie 3 AP mit einem Ableger dazugekommen, der in seiner dritten Ausstellung Arbeiten der Düsseldorferin Nadine Karl zeigt. Nur temporär am Main gastiert die Friedberger Edition & Galerie Hoffmann, die mit der Pariser Galerie Éric Mouchet Arbeiten von Künstlern der Bewegungen „das neue frankfurt“ und „ring neuer werbegestalter“ aus den 1920er- und frühen 30er-Jahren in einem ehemaligen Büro- und Geschäftshaus zeigt, das des Abrisses harrt.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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