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In schwarzen Humor gekleidet

Der Humor des Internets hüllt sich die letzten Tage in Trauer und Ozzy Osbournes Lieblingsfarbe. Keine Eilmeldung keiner Zeitung erreicht mich so schnell wie die Posts auf Instagram zu seinem Tod. “Das Internet vergisst nicht”. Eine Drohung, mit Sicherheit, aber auch ein Versprechen. Wie Ozzy Osbourne, der als Künstler schon jede Form der Unsterblichkeit erreicht hat, in die letzte Hall of Fame eingeht: Memes.

Es mag eine Form von Kollektiver Verarbeitung sein. Eine Mischung aus Humor, Hommage und absoluter Geschmacklosigkeit: Der Tod an einer Jahrmarktmaschine mit Kralle. “Ozzy?! Shit, is Keith Richards even in this damn thing?”. Ozzy, vom Kopf einer Fledermaus (ohne Körper, versteht sich) dem Himmel verwiesen. Zahllose Clips seiner Realityshow mit Frau Sharon, Fotos, Screenshots, mit Captions in einen neuen Kontext gesetzt. Ist das unsere neue Form von Trauerbewältigung? Kein anderer Tod von keinem anderen Star hat so viele Memes als Reaktion bekommen wie seiner. Wieso?

Ozzy Osbourne hatte eine seriöse Ewigkeit schon erreicht: Eine Reihe an Auszeichnungen, Awards, einen Stern am Walk of Fame, einen Platz in der Rock and Roll Wall of Fame und nicht zu vergessen die Unsterblichkeit, der man durch ergebene Fans begegnet. Er war eine Figur, eine Entität, das Gesicht eines ganzen Genres. Zu Black Sabbath hat er kein Instrument beigetragen, sondern eine Identifikationsmöglichkeit. Als Frontman und Sänger war er etwas, das sich treffend mit dem Internet-Slangwort unhinged bezeichnen lässt: verwirrt, verwirrend, auf gute Art und Weise aus den Angeln gehoben und aus den Angeln hebend.
Metal teilt sich mittlerweile in Tausende Untergenres auf, wehe man verwechselt sie, hier herrscht Narzissmus der kleinen Differenz. Doch man kann sich auf Ozzy Osbourne als “Prince of Darkness” einigen - in den letzten Tagen sind die Diskussionen still, oder zumindest übertönt von einem weiteren Mal “Crazy Train”. Hingebungsvoll moshen sich die Metal-Fans weltweit auf eine Wahrheit zusammen: Ozzy war ihr Größter.

Ozzy Osbourne überlebte Krankheiten, Exzesse, jede Menge Gerüchte, und unterlag am Ende doch der Vergänglichkeit - jene Pseudo-Tiefe ist gefundenes Fressen für das Internet. Gleichzeitig verarbeiten wir als Internetgeneration jede Überforderung mit der Welt (es ist eine Menge) mit Memes. Unsere Sprache scheint schnelllebig und mitunter geschmacklos, das mag sie auch sein. Aber gerade Ozzy Osbourne ist wohl ein Paradebeispiel, wie so Trauer grenzüberschreitend aber auch grenzübergreifend verarbeitet wird. Das Internet benimmt sich wie ein Teenager, der sich bei der Schweigeminute das Kichern unterdrücken muss.

Es ist schwer vorstellbar, dass Ozzy Osbourne ein ernsthaftes Problem damit hätte, Objekt von schwarzem Humor zu sein. Ein Mann, der so sprunghaft mit seinem Image umging, ein Mann, der, mit gesellschaftlichen Erwartungshaltungen eher wenig zu tun hatte, einer, der eigentlich schon alles erreicht hatte, was es zu erreichen gibt - inklusive eines riesigen (unwissentlichen) Abschlusskonzerts. Ein Mann wie Ozzy Osbourne hätte es wohl gemocht. Aus welchem Nachleben heraus er das mitbekommt, weiß das Internet auch schon: Er hat da oben ein riesiges Konzert.

Mehr Texte von Veronika Metzger

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