Sarker Protick - Shadows in the Sky: Diesseits des Lebens
Asien als Kontinent war ein magischer Anziehungsort für die Hippie-Bewegung der 1960er und folgenden Jahre. Religiöse Beschränkungen wie in der muslimischen Welt gab es de facto nicht, man konnte sich als Ausländer auf der Straße kleiden wie man wollte. Der Langmut der Asiat:innen war legendär. Die Zugänglichkeit für welche Drogen auch immer, ebenfalls.
Die europäische Ökonomie fand schon hundert Jahre davor ihre Absatzmärkte in Asien und entdeckte auch einen Kontinent, wo man billig produzieren konnte. Der Imperialismus schwemmte einheimische Traditionen aus dem öffentlichen Leben hinweg, manchmal blieben Sie im Privaten erhalten.
Genau an dieser Schnittstelle zwischen privatem indigenem, postkolonialistischem Leben und globalisierter Welt bewegt sich die künstlerische Arbeit von Sarker Protick.
Der 1986 in Dhaka in Bangladesh geborene Künstler arbeitet als Fotograf, Kurator, Dokumentarist von politischen Happenings und hält lose Enden einer globalen Entwicklung in seinem Viertel in Dhaka zusammen. Im diesjährigen und im letzten Sommer unterrichtete er an der Salzburger Sommerakademie. Nun ist ihm eine Personale im Fotohof in Salzburg gewidmet.
In milchigen Bildern sind dort unter dem Titel „Dhaka 1217“ Schwarz/Weiß-Aufnahmen seines Viertels zu sehen, wo Pfeiler, nicht fertig gestellter Hochhäuser in den Himmel ragen. Es handelt sich dabei um abgebrochene Geschäftsideen, die aus dem Investitionsschub der Finanzmärkte resultieren, die aber nie fertig gebaut wurden, da bereits lukrativere Investitionsobjekte gefunden wurden.
Diese modernen Ruinen sind belebt von Bangladeshi, die ihr Leben darin weiterleben, ähnlich fatalistisch wie die Krähen, die Sarker immer wieder fotografiert und denen er eine Bilderserie widmete.
Auch dokumentiert der Künstler den Aktivismus des Bangladesh Tree Protection Movement, eine Bewegung, die 2024 eine 170 Tage dauernde Sitzblockade im Panthakunja Park abhielt. Es ging um den Erhalt einer Grünoase in der Mitte der Stadt, die durch eine Autobahn durchschnitten werden sollte. Die Protestierenden erreichten zumindest einen Gerichtsbeschluss, dass die Bauarbeiten gestoppt wurden. Die Baupläne von ausländischen Unternehmen sollten einer Überprüfung unterzogen werden.
Sarker Protick begibt sich dabei als beobachtender Künstler in die Position des Chronisten. Er ist bis zu einem gewissen Grad selbst Aktivist, Dokumentarist, Fotograf, Videofilmer und künstlerischer Nomade, der in verschiedenen Welten zu Hause ist. Es ist das Leben, das er vor seiner Haustüre – 1217 ist seine Hausnummer in Dakha - vorfindet und dessen architektonische und skulpturale brutalistische Ausformung ihn beschäftigen.
Ein intimes Porträt zeitgenössischen Lebens in Bangladesh ist das 27-minütige Video „Stiched“ von 2023, das das Leben seiner Mutter in ihrem Haus zeigt. Begleitet von Krähen am Fensterbrett vollführt sie Ihre Morgentoilette, gießt ihre Blumen und spielt ein Instrument. Sie ist aber auch Arbeiterin und verdient ihren Lebensunterhalt in dem kapitalistischen Ausbeutersystem.
Traditionen überleben oft nur in Nischen, das ist es, was Sarker zeigen möchte. Traditionen verändern sich auch durch ökonomischen Druck. Manchmal wirkt dieser auch integrativ und es entsteht neues Leben.
08.08. - 27.09.2025
Fotohof
5020 Salzburg, Inge-Morath-Platz 1-3
Tel: +43 662 84 92 96, Fax: +43 662 84 92 96-4
Email: fotohof@fotohof.at
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