
Art Basel: Unklare Sichtverhältnisse
Das ist kein Jubeljahr in Basel. Während die Großgalerien zuverlässig bereits am ersten Vernissagetag ihre Nebelkerzen in Form von Verkaufszahlen wohl zumeist vorab eingetüteter Abschlüsse per Pressemitteilung werfen, fällt es nicht leicht, sich ein klares Bild von der tatsächlichen Lage zu machen. Einen Hinweis bieten jedoch die Meldungen selbst, die keinen einzigen achtstelligen Verkauf verzeichnen, dafür jedoch bis hinunter in den fünfstelligen reichen.
Hinzu kommt der Eindruck gepflegter Risikoscheu und ein gehäuftes Wiedersehen mit alten Bekannten. So zeigt Landau aus Montreal bereits zum dritten Mal in diesem Jahr auf einer Messe seinen Wanderpokal in Form von Alexej von Jawlenskys „Spanischer Tänzerin“, die er im vergangenen Dezember bei Ketterer in München für 8,338 Millionen Euro inklusive Aufgeld ersteigert hat und für die er hartnäckig 14,5 Millionen Millionen Euro verlangt. In einem Markt, der speziell im Topsegment schwächelt, ist das bemerkenswert unsensibel. Hauser & Wirth (Zürich, London etc.) geht umsichtiger vor und bietet sein Renommierstück, Mark Rothkos „No.6/Sienna, Orange on Wine“ weder vorab in PDFs noch überhaupt mit einem Preisschild versehen an. So bewahrt man sich den anzunehmenden Spielraum zwischen 30 und 50 Millionen Dollar, ohne das Werk oder den Markt des Künstlers zu beschädigen.
Denn das Publikum für derart kapitale Objekte macht sich in diesem Jahr in Basel rar. Dass, wie von der Messe angekündigt, mehr Asiat:innen in die Stadt gekommen sind, ist ein Eindruck, der wohl vor allem durch das Fehlen der US-Amerikaner:innen hervorgerufen wird. Auch die mittelgroßen und kleineren Galerien berichten im Gespräch fast ausschließlich von Verkäufen innerhalb Europas. Ihre durchaus vorhandene Kaufbereitschaft vor allem im fünfstelligen Bereich bewahrt die diesjährige Ausgabe davor, für die nach mehreren Jahren Dauerkrise nicht gerade glänzend aufgestellten Aussteller zum Flop zu werden.
Die Art Basel versucht, gegen die ausufernde Belastung für Galerien nur halbherzig gegenzusteuern, etwa mit der neuen Sektion „Premiere“ für Kunstwerke, die in den letzten fünf Jahren entstanden sind zu einer leicht niedrigeren Standgebühr als die regulären Stände. Das hilft den Betroffenen jedoch wenig angesichts des großen Umsatzgefälles zwischen den besten Lagen um den Innenhof im Erdgeschoss und den Rändern im oberen Stockwerk. Bei Monopoly liegt der Unterschied der Quadratmeterpreise zwischen Schlossallee und Poststraße auch nicht im zweistelligen Prozentbereich, sondern ungefähr bei Faktor Sechs.
Die Konzernleitung ficht das wahrscheinlich nicht an. Sie denkt in anderen Dimensionen. Der gerade angekündigte Deal mit Katar macht das deutlich. Im Vorfeld der Messe in Basel wurde bekanntgegeben, dass Qatar Airways nicht nur Premium Partner für die Messe in Doha sein wird, sondern für alle Messen der Marke Art Basel. Das dürfte nicht billig gewesen sein und erklärt vielleicht auch, warum aus den Gerüchten um eine Ausrichtung der Abu Dhabi Art durch die Schweizer nichts geworden ist.
Als Besucher:in kann man sich immerhin noch mit den teilweise durchaus ambitionierten und noch nie gesehenen Projekten der Art Unlimited trösten. Mit rund 90 Metern hat das Atelier Van Lieshout mit Unterstützung seiner Galerien Krinzinger (Wien), OMR (Mexiko-Stadt), Jousse Enterprise (Paris) und Ron Mandos (Amsterdam) die wahrscheinlich gewaltigste Installation nicht nur seiner Karriere, sondern auch in der Geschichte der Unlimited geschaffen, die sich einer archaischen Prozession gleich, schräg durch einen Großteil der Halle zieht. Das hier aufgespannte Tableau ist um einiges roher, chaotischer, und unmittelbarer als die üblicherweise auf Messeständen anzutreffenden Skulpturen. Für solche Projekte ist die Unlimited außerhalb von Museen der einzige denkbare Rahmen. Viel kleiner, aber nicht weniger beeindruckend sind die Marmorskulpturen des Duos Daniel Dewar & Grégory Gicquel die Antenna Space (Schanghai), Jan Kaps (Köln) und Loevenbruck (Paris) in die Halle gestellt haben. Die massiven Blöcke vereinen klassische Meisterschaft in der Steinbehandlung mit 2000 Jahren Kunstgeschichte von der Antike über Rodin bis Konrad Klapheck. Allein für solche Entdeckungen lohnt sich die Reise nach Basel immer noch.

16 - 22.06.2025
Art Basel
4005 Basel, Messe Basel, Messeplatz Halle 1 und 2
http://www.artbasel.com