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Der seidene Faden

Nach dem Reinfall letztes Jahr auf einem Bauernhof am Ende der Welt ist dem Basel Social Club jetzt der ganz große Wurf gelungen, mit Einlassbegrenzung ewigem Schlangestehen und und allem, was zu einem must see dazugehört. Das Setting in einem weitläufig verschachtelten Altstadtgebäude bietet ein buntes Durcheinander von ganz jung bis museal. Dazwischen gibt es Dauerperformances von Staubsaugerinnen mit Selfiestick auf jeder Etage, ein Tätowierstudio, einen Chippendale mit nacktem Oberkörper und eine Sauna, die sogar zahlreich genutzt wird. Und Kunst gibt es auch, in einem wilden Durcheinander von ganz junger Kunst, Outsider Kunst aus den 70ern, Etabliertem und Musealem bis zur Klassischen Moderne. Neugerriemschneider aus Berlin etwa hat ein großes Gemälde von Thomas Bayrle mitgebracht - Preis: eine Viertelmillion Euro. Auch die Galerienauswahl ist queerbeet. Viele Teilnehmende stellen auch andernorts in Basel aus - auf der Hauptmesse, der Liste oder June, andere hingegen nur hier, wie Klemm's aus Berlin oder Katinka Tabacaru aus Bukarest.

Die Liste kann sich in ihrer 30. Ausgabe natürlich nicht den Rang als wichtigste Satellitenmesse ablaufen lassen. Die neue Direktorin Nikola Dietrich hat den Hallenplan neu gestaltet und sich der Wartehallenatmosphäre entledigt, sehr zur Freude der Galerien, von denen jetzt einige mehr und vor allem viele neuen Platz finden. Die VIP-Eröffnung am Montag Vormittag war voll wie schon lange nicht mehr, die Stimmung der Weltlage zum Trotz gut. Ob das such auf die Kauflaune zutrifft, ist allerdings alles andere als ausgemacht. Ein deutscher Veteran meinte beschwichtigend, die Messe sei ja gerade mal anderthalb Stunden alt. In Vorcoronajahren war zu diesem Zeitpunkt jedoch bei manchen Galerien nicht selten alles verkauft. Tempi passati.

Die kleine June im unterirdischen ehemaligen Tresor hinter dem Circus Knie pflegt mit ihren 15 Galerien nach wie vor ihr Image als Messe für Eingeweihte, zu der nur wenige den Weg finden. Damit leben die Ausstellenden ganz gut. Die Zürcher Galerie Fabian Lang stellt  aktuellen Gemälden und Skulpturen an der Schnittstelle von Figuration und Abstraktion die vielseitigen Kleinformate des etwas in Vergessenheit geratenen Zürcher Malers Werner Frei gegenüber. Charim aus Wien ist mit Julian Göthe erstmals dabei. Übers Eck findet sich der Stand von Petra Seiser aus Schörfling am Attersee mit einer Soloshow von Benjamin Butler.

Das new kid in town ist Maze mit der spektakulärsten Location (Sorry, Basel Social Club). In der Offenen Kirche Elisbethen hat Thomas Hug, ehemals Gründungsdirektor der Art Genève und jetzt von Art Gstaad, die engagierteren Aussteller:innen der gecancelten Design Miami Basel versammelt. Die Kojen sind winzig, aber da die Händler:innen Experten in ihrem Metier sind, wirken sie nicht überladen. Obwohl mitten in ihren Ständen noch die gusseisernen Leuchter der originalen Einrichtung stehen. François Laffanour aus Paris hat es sogar noch geschafft, eine überlebensgroße Holzstatue aus seiner privaten Sammlung in seine Präsentation von Mid Century-Design zu integrieren, ohne dass Gedränge entsteht. Neben Design sind Offerten von kleineren Luxusmarken zu sehen. Das überschaubare Publikum spricht hauptsächlich Französisch und unterscheidet sich deutlich von der üblichen Basel Crowd. Ein gewagtes Experiment, das zumindest ästhetisch überzeugt. Ob es auch wirtschaftlich funktioniert, hängt wie alles in Basel am seidenen Faden der Sammlerlaune.

Die Messen
Basel Social Club https://baselsocialclub.com/

Liste https://www.liste.ch/

June Art Fair https://june-art-fair.com/

Maze Design Basel https://www.mazepresents.com/salon/design-basel

Mehr Texte von Stefan Kobel

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