
Art Dubai: Alles unter Kontrolle
Hi STEFAN, sagt die Sim-Karte, die einem bei der Einreise nach Dubai in den Reisepass gelegt wird, nachdem sie frisch aus der Verpackung ins Telefon gesteckt wurde. Das ist ein bisschen spooky und sagt viel über das Land, in dem Gespräche und Videochats über die bekanntesten (verschlüsselten) Apps blockiert sind. Gleichzeitig befindet sich der Golfstaat in einem Dauerboom, von dem die Art Dubai profitieren will. Um die 2007 als Gulf Art Fair gegründete Veranstaltung auf das nächste Level zu bringen, wurden kürzlich Dunja Gottweis und Alexie Glass-Kantor als neues Führungsduo angeworben; beide kommen von der Art Basel.
Die Wiener Galerie Krinzinger gehört zu den westlichen Pionieren am Golf, was sich auch in der Künstlerauswahl am Messestand stärker als sonst spiegelt. Thomas Krinzinger erzählt: "Meine Mutter hat sich so sehr engagiert, weil sie an das Potenzial geglaubt hat. Ich war erst skeptisch, aber sie hat Recht behalten. Weil wir hier nicht nur Sammler und Kurtoren treffen konnten, sondern auch einige Künstler, mit denen wir jetzt fest zusammenarbeiten, wie Waqas Khan und Alfred Tarazi."
Zu den historischen Entdeckungen, die sich hier auch für Kenner aus dem Westen machen lassen, gehört Mehdi Moutashar, der aus der Bildtradition seiner irakischen Heimat bereits Ende 1960er Jahre eigenständig eine Formensprache entwickelte, die parallel in Paris, Lateinamerika oder Casablanca entstand. Die einheimische Galerie Lawrie Shabibi hat aus eigenem Bestand und dem des Künstlers eine Einzelausstellung zusammengestellt, die dessen Entwicklung über die Jahrzehnte nachzeichnet (Preise fünfstellig). Vieles ist auf den hiesigen Geschmack zugeschnitten und erschließt sich im günstigsten Fall durch die Erklärungen der Galerien. Das dürfte im umgekehrten Fall oft nicht viel anders sein.
Erstaunlicherweise wird auf dem Schild über der Koje von Peres Projects als Standort neben Seoul auch Berlin angegeben, obwohl sich der Stammsitz seit geraumer Zeit in der Insolvenz befindet. Laut Northdata, einem Dienstleister für Wirtschaftsinformationen, hat Peres Projects nach hohen Verlusten bis 2017 seit dem Jahr 2018 kontinuierlich Gewinn gemacht. „Geld kommt rein, Geld geht raus“, erklärt Peres an seinem Stand auf der Art Dubai. Zudem hätte ihm sein Anwalt zu dieser Form der Geschäftsauflösung geraten, weil sie bei der überbordenden Bürokratie in Deutschland der schnellste Weg sei, eine Gesellschaft aufzulösen. Die Unternehmen in Korea, den USA und Italien bestünden nach wie vor. Nach der Arco Madrid, der Art Basel Hong Kong, und Art OnO in Seoul sei Dubai allerdings die letzte Messe für ihn in diesem Jahr. Er hält das Modell für überholt.
Überraschend vielfältig und teilweise wirklich gut gelungen ist Dubai Digital, das eine eigene Halle erhalten hat und wohl die umfangreichste Präsentation ihrer Art, zumindest im Kommerziellen Bereich, sein. So überwältigend wie anspruchsvoll ist die multidminsionale Digitalskulptur des Istanbuler Kollektivs Ouchhh, die gleichzeitig mit zwei anderen Versionen und 20 Wettersatelliten ein neuronales Netz bildet, das ständig in Bewegung ist. Während dieses Werk eher für einen institutionellen Rahmen geeignet ist, bietet sich Vieles aus den Kojen rundum durchaus für die hypermodernen Einrichtungen in den ständig nachwachsenden Luxus-Wohntürmen an. Das Potenzial dieser Klientel ist hoch, ebenso wie das der zahlreichen Institutionen der Region. Dieses Feld zu bestellen und gleichzeitig für internationale Sammler und Galerien attraktiver zu werden, ohne die regionalen Eigenheiten zu vernachlässigen, ist eine große Aufgabe für die neue Leitung. Zum Abschied teilt übrigens eine SMS mit, dass Sim-Karte punktgenau zum Abflug deaktiviert wird.

18 - 20.04.2025
Art Dubai
Dubai, Madinat Jumeirah, Jumeirah Beach Road Al Sufouh 1
https://www.artdubai.ae
Öffnungszeiten: 14-21 h