Simon Wachsmuth. Böse Geister – Maßnahmen zur Wiederbelebung: Krieg Geld Moral
Ein Wald aus dünnen Stelen eröffnet sich den Besucher:innen beim Betreten eines der beiden Ausstellungsräume im Untergeschoß des Lentos. Quadratische Blätter auf den Stelen zeigen Begriffe wie „Böse“, „Blöde“, „Zeit“ oder auch „Gott“. Es handelt sich dabei um Frottagen von Grabplatten aus der Münsterkirche in Herford im deutschen Bundesland Westfalen. Es sind Opfer des Dreißigjährigen Krieges die Simon Wachsmuth als Abwesende Anwesende für seine Ausstellung über die Mechanismen von kriegerischen Auseinandersetzungen ins Lentos transferiert. Ihre Grabinschriften bilden beim Gang durch den Raum ein dichtes Netz an Bezügen und persönlichen Assoziationen, die ein Nachdenken über die Allgegenwärtigkeit von militärischen Konflikten im Leben der Menschen über die Jahrhunderte anregen sollen. Die Referenz auf den 30-jährigen Krieg steht dabei für eine Auseinandersetzung die nach vielen Kleinkriegen mit dem Friedensschluss in Münster und Osnabrück im Jahr 1648 letztendlich die Basis legen, für die heutigen Nationalstaaten Europas und damit auch für die Idee der Erhaltung des Friedens durch die vertragliche Schaffung einer Wirtschaftsunion die letztendlich zur Gründung der Europäischen Union führte. Zwischen den Stelen platziert Wachsmuth zwei Wägen, die gleich Theaterrequisiten die zeitliche Lokalisation der Installation betonen und als Verbindungselement zum zweiten Teil der Ausstellung dienen, in der Simon Wachsmuth seine Auseinandersetzung mit dem Theater mit einer Arbeit über das Lehrstück „Mutter Courage und ihre Kinder“ von Berthold Brecht und Margarete Steffin präsentiert. Das Stück das noch vor Beginn des 2. Weltkriegs 1938/39 im schwedischen Exil verfasst wurde, greift eben auf den Dreißigjährigen Krieg zurück, um sich mit der bereits spürbaren Kriegsgefahr auseinander zu setzen. Wachsmuth sieht dabei sowohl die moralische Bewertung der Handlungen von Mutter Courage im Stück als Parallele zu aktuellen gesellschaftlichen Diskursen, die er auch mit der großen Installation zu den sieben Todsünden in die Ausstellung einbringt.
Die im Stück angesprochenen ökonomischen Prinzipien, die gleichermaßen hinter der Entstehung von Konflikten wie auch deren Beseitigung liegen, thematisiert Wachsmuth einerseits mit der Rezeption (und den Aufführungsverboten) der Werke Brechts in der Zeit des Kalten Krieges und der Entwicklung des US-dominierten Kapitalismus, als auch in der Person von Raimondo Graf von Montecuccoli, einem Feldherren des Dreißigjährigen Krieges im Dienst der Habsburger, der die Bedeutung des Geldes in der Kriegsführung hervorhob. Ein Bezug zu Linz ergibt sich dabei aus dem Umstand, dass Montecuccoli 1680 durch einen Unfall ebendort ums Leben kam.
Die Thematik der Ausstellung ist angesichts der globalen politischen Entwicklungen so aktuell wie man es sich gar nicht wünschen mag. Gerade deshalb ist ein Besuch der Schau ein Gewinn, auch um die eigenen Ängste in dieser ruhigen, reflexiven Inszenierung in proaktive Kräfte zu wandeln.

28.02 - 18.05.2025
Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promendade 1
Tel: +43 70 7070 36 00
Email: info@lentos.at
http://www.lentos.at
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr