
Ein bisschen gemeinsam
Beim Rundgang zu sein ist entgegen der Stimmen, die sagen, dass es früher besser war, immer die selbe Erfahrung und bietet damit ein Stück sicheren Halts in turbulenten Zeiten. In diesem Jahr könnte man darin ein Problem ausmachen.
Denn die innenpolitische Lage wurde in diesem Jahr als derart bedrohlich empfunden, dass das gewohnheitsgemäße Stattfinden des Rundgangs zur Debatte stand. Das Ergebnis kann man durchaus als Geste der Disruption sehen, nämlich wurde die Eröffnung um einige Stunden nach hinten verschoben. Mit dem Argument, dass somit der Besuch der Donnerstagsdemo vor dem Bundeskanzleramt ermöglicht wurde, verlor sie allerdings ihre Schärfe.
Die Kunst stand, auch wie gewohnt, etwas im Hintergrund und ehrlich gesagt will ich mich auch nicht auf das Hervorheben einzelner Positionen einlassen, es passt weder zum Rundgang, der ja ein Produkt gemeinsamer Arbeit und gemeinsamen Konsums ist, noch zum Zeitgeist.
Ein paar Gedanken zum Zeitgeist, der sich mir nicht in der Kunst, sondern in einem Banner zeigte, dass in der Kurzbauergasse aufgehängt worden war, und auf dessen weiße Leinen geschrieben stand: KUNSTAKADEMIE GEGEN NAZIS. Ich meine in der Wahl des Deutschen (statt Englischen) einen gewissen Isolationismus zu erkennen, einhergehend mit der Beschwörung eines Wir-Gefühls. Auch räumlich richtete sich die Botschaft mit der Aufhängung im Innenhof nach innen. Was für mich aber vor allem von Bedeutung war, war das Vorziehen des Generischen (KUNSTAKADEMIE; NAZIS) gegenüber dem Partikularen. Ich will in Bezug auf Letzteres auf die Analogie zum Aufgehen des Individuums im Kollektiv und also die Nähe zur menschlichen Erfahrung im Jahr 2025 verweisen. Der Klimawandel trifft nicht jede:n gleich, aber der content, den man zugespült bekommt ist auch nicht für jede:n der Gleiche, und trotzdem sitzen alle, wie man sagt, im selben Boot. Derart gepolt konnte beim Durchwandern der Ausstellungssäle die Feststellung gemacht werden, dass auch hier häufig vom Generischen ausgegangen wurde, zum Beispiel eben Menschen als Im-Zeitalter-der-spürbar-werdenden-Klimakrise-Lebenden.
Im bewussten Zurückkehren der/des Einzelnen in die Gemeinschaft liegt vielleicht die eigentliche Disruption der Verhältnisse und eine Möglichkeit für die Zukunft, nicht in der Verschiebung einer Eröffnung um zwei Stunden. Bisher ist das aber nur latent spürbar.
