Rochelle Feinstein - Zeit im Bild: Zitate, die für sich selbst stehen
Während eines Aufenthalts in Rom fiel Rochelle Feinstein auf, dass all ihr Material zum Malen per Amazon-Paket zu ihr kam. Davon angeregt entstand eine Werkgruppe, die sie als Plein Air zusammenfasste und die Geschichte der Beziehung von Technologie und Kunst aufgreift. Markantes Merkmal der Feinstein'schen Plein Airs sind die sichtbaren Kanten, entlang derer die Stoffe für den Versand gefaltet waren, und die die Bilder im entfalteten Zustand in quadratische Felder unterteilen, welche wiederum von der applizierten Malerei als Begrenzungen aufgegriffen werden. Wer ein bisschen Kenntnis der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts hat, wird hierin die modernistische Trope des grids wiedererkennen. Wer noch dazu einen Blick in Feinsteins oeuvre wirft, wird dem grid auch als einem zentralen Motiv ihrer eigenen Beschäftigung mit form begegnen.
Soviel, in aller Oberflächlichkeit, als Verweis auf die kulturgeschichtlichen, kunsthistorischen und selbstreferentiellen Bezüge, die den Stoff für Feinsteins Arbeit bilden und konträr zu Farbe, Form und Fläche als die Stoffe, aus denen modernistische Malerei gemacht wurde, stehen. Im Ausstellungstext heißt es entsprechend: "Wo die Modernist:innen des 20. Jahrhunderts eine strenge Trennung der Malerei von der Außenwelt verfochten und das Medium auf Farbe auf einer flachen Oberfläche reduzierten, sind Feinsteins Abstraktionen zutiefst mit der Welt in ihrer ganzen chaotischen Vielfalt verwoben".
In der Secessions-Ausstellung Zeit im Bild ist Amazon, als Lieferant des Materials für konzeptuelle Kunst, und, etwas grundlegender, als Vermittler von Wert/Information, nicht ubiquitär anzutreffen, aber die Anekdote ist anschaulich, und eine Reihe von ausgestellten Arbeiten, die eine von insgesamt drei gezeigten Werkgruppen ausmachen, sind von den Plein Airs abgeleitet.
Ein wichtiger/-er Anker in Today Show ist der Regenbogen als Farbpalette – und nicht als Farbe/visuelle Erfahrung/Naturphänomen. Der Regenbogen ist wie das grid ein wiederkehrendes Motiv in Feinsteins Werk. In seinen verschiedenen Erscheinungsformen zeigt sich Feinsteins, vier Jahrzehnte spannende Untersuchung von Entstehung, Wandel, Ambiguität und Verlust von visuellen und/oder malerischen Bedeutungsträgern. Indem sie zitiert, "weisen die Bilder über sich selbst heraus".
Der Lust des Wiedererkennens wird von kuratorischer Seite dabei nicht gefrönt – es herrscht kein Konsumzwang. Es ist ein bisschen still im Ausstellungsraum, still wie im Elfenbeinturm. Da mischt sich, bei aller Verwicklung der Kunstwerke mit "politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Fragen", der Glaube an die letztendliche Autonomie der Kunst ein.
06.12.2024 - 23.02.2025
Secession
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