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Erich Grabner Kunstpreis 2024 – Die Preisträger:innen

Die Stadt Krems hat im Frühjahr 2024 erstmals den Erich Grabner Preis für künstlerische Grafik der Stadt Krems ausgeschrieben. 450 Einreichungen von Künstler:innen aus ganz Österreich sind eingelangt. 70 von der Jury ausgewählte künstlerische Positionen sind in der Ausstellung paper unlimited. im museumkrems zu sehen. Die künstlerischen Arbeiten bieten einen faszinierenden Einblick in die aktuelle Kunstszene, sie zeigen die Vielfalt von zeitgenössischer Grafik in Österreich.

Beim Finale in der Dominikanerkirche wurden nun die Preisträger:innen bekannt gegeben. Die vier von Stadt Krems, Land Niederösterreich, Rotary Club Krems-Wachau und Stift Göttweig ausgelobten Kategorien wurden von der Jury bewertet. Die Preisträger:innen sind Alexandra Kontriner, Ernst Lima, Leonhard Lorenz Knabl und Oswald Auer. Den Publikumspreis, gestiftet von Freunden von Erich Grabner, gewinnt Marianne Lang.

Preis des Stiftes Göttweig geht an Oswald Auer
Der Preis wird für Werke in „klassischen“ Drucktechniken wie Hoch-, Tief- , Durch- und Flachdruckverfahren verliehen und ist dotiert mit EUR 1.500 und einem 2-wöchigen Artist-in-Residence Aufenthalt im Göttweiger Gästehaus. Während des Aufenthaltes ist ein kuratierter Einblick in die historische druckgraphische Sammlung des Stiftes Göttweig möglich.

Jurybegründung:
Oswald Auer ist in Südtirol geboren und lebt und arbeitet in Wien. Seine Arbeit „Pale Blue Dot“ fasziniert durch ihre außergewöhnliche Technik und ihr inhaltliches Konzept. Die verwendete Technik der Mezzotintoradierung ist eine sehr aufwändige Tiefdrucktechnik, die im 17. Jahrhundert in Deutschland entwickelt wurde. Die Oberfläche einer Metallplatte, meist eine Kupferplatte, wird aufgeraut, um Halbtöne mit Hilfe einer Wippe mit kleinen Zähnen zu erzeugen, die in entgegengesetzte Richtungen schwingen, um ein Raster aus Punkten auf der Oberfläche zu erzeugen. Das Verfahren beginnt mit der gleichmäßig aufgerauten Metalldruckplatte, die sattes Schwarz drucken würde. Weiße Bereiche werden durch Polieren und Auskratzen erzeugt. Das Schwarz wird in Bereichen reduziert, die nach und nach weniger Farbe aufnehmen, während die Farbe beim Abwischen noch anhaftet und anschließend beim Pressen vom feuchten Papier aufgesogen wird. Wie das italienische Wort mezzotinto andeutet, entstehen auf diese Weise Halbtonschattierungen. Die Vorbereitung größerer Druckplatten von Hand dauert mehrere Wochen, weshalb die Technik heute nur mehr selten verwendet wird. Die besondere Hell-Dunkel-Wirkung und die haptische Anmutung von Ölfarbe sind jedoch unerreicht.
Bei „Pale Blue Dot“ bezieht sich Oswald Auer auf die preisgekrönte gleichnamige Fotografie der Erde vom 14. Februar 1990, welche auf Anregung des Astronomen Carl Sagan von der Raumsonde Voyager 1 aus einer Entfernung von etwa 6 Mrd. km aufgenommen wurde, eigentlich eine Kombination aus 3 Fotografien mit unterschiedlichen Farbfiltern: blau, grün und violett. Dabei nimmt unser Planet nur die Größe eines Bruchteils eines Pixels ein, weshalb Carl Sagan dafür den Begriff Pale Blue Dot verwendete. Man sieht unsere Welt, die in der Ferne wie ein winziger Punkt in der Beinahe-Dunkelheit schwebt. Der Spitzentechnologie von heute, die dahintersteckt, wollte Oswald Auer mit einer alten handwerklichen Technik begegnen: der Mezzotintoradierung. Er schuf drei Platten, die in den Farben der Objektivfilter eingefärbt wurden.
Der Künstler möchte zeigen, dass man bei näherer Betrachtung immer mehr erkennen kann, als man tatsächlich sieht, dass die Wirklichkeit aus dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren besteht, und dass es zu jeder Perspektive auch eine zusätzliche Wahrnehmung im verschobenen, vermittelten Raum gibt, die auf der Idee beruht, unsere Welt von außen und aus der Ferne zu betrachten. Denn es liegt an uns, die Perspektive zu wechseln und über den Horizont hinauszuschauen.
[Für die Jury: Elisabeth Dutz]

Preis des Rotary Club Krems-Wachau geht an Leonhard Lorenz Knabl
Er wird für für junge Künstler:innen bis zum 27. Lebensjahr vergeben und ist dotiert mit EUR 2.500 und einem kuratierten Einblick in die Museumssammlungen der Stadt Krems.

Jurybegründung:
Leonhard Lorenz Knabls (geb. 1999 in Imst) kleinformatiges Waldstück hat in seiner kammermusikalischen Feinheit die Jury überzeugt. Sensible Tuschestriche übersäen das Blatt Papier. In seiner monochromen Schwärze und Ausschnitthaftigkeit wird der Naturalismus in eine abstrakte Struktur aufgelöst. Der Bildtitel "53.009717, -6.327626" verweist auf die Koordinaten des Referenzortes der Zeichnung, die ein Unterholz darstellt. „Interessiert man sich nicht für die Vorlage, so sagen die Koordinaten ohne weitere Recherche allerdings auch nichts über den Ort und die Gestalt der Vorlage, oder die Deutung des Bildes, aus. Das Gestrüpp (oder was auch immer man im Bild erkennen will) ist austauschbar und könnte sich überall auf der Erde, oder auch in der Welt der Träume und Fantasien, befinden.“ So der Künstler. Seine Bildmotive sind von Film, Geschichte und Literatur inspiriert und zeugen von einer schwarz-fantastischen Atmosphäre und narrativen Dramaturgie wie bei Herr der Ringe und Alien. Knabls künstlerische Vorbilder finden sich im Grotesken bei Hieronymus Bosch, im apokalyptisch-Expressiven bei Albrecht Dürer und im Grauenhaft-Utopischen bei H.R. Giger wieder. Die Tuschezeichnung ist neben Aquarell und Kugelschreiber seine bevorzugte Technik.
[Für die Jury: Florian Steininger]

Preis des Landes Niederösterreich geht an Ernst Lima
Der Preis ist dotiert mit EUR 4.000 und einem kuratierten Einblick in die Kunstsammlung des Landes Niederösterreich.

Jurybegründung:
Ernst Lima ist eine in Wien lebende transmediale Künstlerin, Sounddesignerin und Komponistin, deren grafisches Werk nicht nur durch innovative Technik, sondern vor allem durch tiefe Reflexion über die Zeit und ihre Archivierung überzeugt.
Grundlage von Limas grafischen Arbeiten ist stets eine figurative Zeichnung. Durch mehrfache, sich abwechselnde analoge und digitale Bearbeitungsprozesse wird die Zeichnung kontinuierlich verfremdet und fragmentiert - von ihrer ursprünglichen Bedeutung entfernt. Lima lässt der Zeichnung Raum zur Transformation. Die wiederholte analoge Überarbeitung der Collage und die traditionelle Technik der Aquatinta-Radierung werden mit digitalen Verfahren und UV-Licht kombiniert – eine Methodik, die Lima selbst entwickelt hat. Jede neue Schicht ersetzt nicht die vorhergehende, sondern verbindet sich mit ihr, durchdringt sie und führt sie weiter.
In der permanenten Überlagerung von analogen und digitalen Prozessen schwingt der Gedanke mit, dass Zeit nicht linear verläuft, sondern in ständiger Wandlung begriffen wird.
Ernst Limas unverwechselbare Sprache sowohl in ihrem grafischen Werk als auch in ihren Kompositionen und Performances führt uns vor Augen, dass der Versuch, die Zeit festzuhalten, nicht in der bloßen Dokumentation von Momenten resultiert, sondern in der Transformation des Materials zu einer Erinnerung, die in ihrer Vielschichtigkeit lebt und sich immer wieder neu entfaltet.
Durch ihre künstlerische Praxis schafft Lima ein visuelles Archiv der Gegenwart. Ihre Arbeiten sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Kunst die Zeit in ihrer Komplexität erfassen und auf eine überdauernde und vor allem berührende Weise festhalten kann.
[Für die Jury: Alexandra Grausam]

Preis der Stadt Krems geht an Alexandra Kontriner
Der Preis ist dotiert mit EUR 4.000 und einer Einzelausstellung in der galeriekrems.

Jurybegründung:
Die in Tirol geborene Künstlerin Alexandra Kontriner lebt und arbeitet heute in Wien. Die Gruppe von drei Aquarellen auf Papier, die sie für den Erich Grabner Preis eingereicht hat und für die sie heute mit dem Preis der Stadt Krems ausgezeichnet wird, verweist auf die Landschaft und die natürliche Umgebung, in der sie aufgewachsen ist. Das erste Werk basiert auf einer Fotografie eines wolkenverhangenen Himmels, die sie nach einem verheerenden Sturm aufgenommen hat, der im Herbst 2018 über die Südalpen fegte. Das nächste Werk führt uns auf den Boden hinunter und versetzt uns mitten in die geschundenen und verdrehten Überreste eines Fichtenwaldes. Es hat eine seltsame, beunruhigende Ruhe, die nur eine überwältigende, elementare Gewalt hervorrufen kann. Das dritte und letzte Blatt, in Aquarell und Bleistift gehalten, ist das ruhigste von allen. Es zeigt die geöffnete Samenkapsel des Schmalblättrigen Weidenröschens, einer Pflanze, die in beschädigten Waldgebieten gedeiht und so zu deren allmählicher, aber unvermeidlicher Regeneration beiträgt. In Originalgröße dargestellt und in einer Vitrine platziert, scheint es fast so, als wäre die Kapsel vorsichtig dort vor uns abgelegt worden.
Zusammen formen die drei Werke ein mahnendes Narrativ über den Klimawandel und die Auswirkungen der Globalisierung. Sie stellen zudem einen Kreislauf dar, der einen Prozess widerspiegelt, den die Künstlerin selbst bei der Entstehung ihrer Arbeiten durchläuft: Nachdenken, Forschen, Beobachten, Entdecken, Ordnen, Darstellen.
Kontriners Zeichnungen und Aquarelle sind das Ergebnis intensiver Beobachtung und fordern von uns dasselbe: genau hinzusehen, zuerst auf die Werke und dann auf die Welt um uns herum. Unvergleichlich ausgeführt, sind sie klein im Maßstab, aber weit in ihrer Dimension. Und sie tun, was wirklich gute Kunst kann: Sie verlangsamen uns, stellen uns Fragen und lassen vieles unausgesprochen, während sie sich zugleich in unser Gedächtnis einprägen.
[Für die Jury: Jasper Sharp]

Der Publikumspreis geht an Marianne Lang
De Preis ist dotiert mit EUR 2.500 und einem 4-wöchigen Artist-in-Residence Aufenthalt in Krems

Über das Werk:
Der von den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung „paper unlimited“ durch ihre Stimmabgabe ermittelte Publikumspreis geht an die 1979 in Graz geborene und in Wien lebende Künstlerin Marianne Lang. Sie experimentiert mit den unterschiedlichsten Techniken und Materialien. Im Fokus ihres künstlerischen Interesses steht die Zeichnung, deren Gestaltungsmöglichkeiten sie immer wieder aufs Neue erforscht und erweitert. Das Spektrum reicht dabei von detailgenauen Bleistiftzeichnungen über Glasgravur und die Kombination mit Holzintarsien bis hin zum Einsatz eines Lötkolbens. Thematisch kreist Marianne Langs Schaffen um das ambivalente Verhältnis von Mensch und Natur, das oft in sehr umfangreichen, meist parallel entstehenden Werkserien rund um einen spezifischen Aspekt oder ein zentrales Motiv Niederschlag findet. Das besondere Augenmerk der Künstlerin gilt der inhaltlich stimmigen technischen Umsetzung wie etwa im Fall der Serie „Illuminated“, zu der die mit dem Publikumspreis ausgezeichneten Blätter gehören. Es handelt sich um hyperrealistisch wirkende Darstellungen von Motten, die aber nicht etwa gezeichnet, sondern vielmehr in das Papier eingebrannt sind. Die Technik der Brandgravur bezieht sich hier auf das Faktum, dass die magische Anziehungskraft des Lichts den Motten zum tödlichen Verhängnis wird und sie förmlich verbrennen lässt. Das eine Blatt suggeriert tatsächlich eine zentrale Lichtquelle, die von einzelnen Exemplaren eines sich noch an den Rändern drängenden Mottenschwarms aufgesucht wird. Das andere Blatt, das ein Insekt riesenhaft vergrößert zeigt, erinnert in seinem Detailreichtum an historische naturwissenschaftliche Illustrationen.
[Text: Alexandra Schantl]

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Abbildung: Die fünf Preisträger:innen des Erich Grabner Preises für künstlerische Grafik
v.li Leonhard Lorenz Knabl, Oswald Auer, Alexandra Kontriner, Ernst Lima, Marianne Lang
© Pamela Schmatz

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