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Poetics of Power: Dunkle Poesie

Das Kunsthaus Graz widmet sich in der von Direktorin Andreja Hribernik und Nini Palavandishvili kuratierten Ausstellung dominanten Machtmodellen, deren Sichtbarkeit aufgrund ihrer zerstörerischen Auswirkungen oftmals in den Hintergrund rückt, um eine kritische Hinterfragung zu umgehen. Die eingeladenen Künstler:innen untersuchen jene politischen Randphänomene, die meist nicht allzu lange verborgen bleiben.

Oliver Ressler und Zanny Begg widmen sich in ihrem Video „Anubumin“ der kleinen Pazifikinsel Nauru, die in den 1990er Jahren als Ort der Geldwäsche galt und heute als australisches offshore Anhaltelager dient. Vier Whistleblower erzählen über ihre Erfahrungen und die Geheimhalteklauseln, denen sie ausgesetzt waren, um sich auf dieser Insel der „Finsternis“, wie der Name und Titel der Arbeit übersetzt lauten würde, aufzuhalten. Finsternis als geheimnisvoll behaftetes Element wurde von den Kuratorinnen als generelle Trope verwendet, um die Ausstellung mit einer nächtlichen Aura zu versehen, in der die einzelnen Arbeiten befremdliche Narrationen entwickeln.

Ahmet Öğüt setzt neun historischen Whistleblowern ein Denkmal, indem diese, als mit QR-Code versehene schwarze Gestalten auf dem Boden quer durch das Gebäude geklebt erscheinen und sich am Smartphone in 3D-Skulpturen verwandeln. Die im Verborgenen stattfindenden Fluchtbewegungen thematisiert Grada Kilomba in einer raumgreifenden Installation aus verkohlten Holzstücken, in die, begleitet von einer Soundarbeit, 18 Verse eines Gedichts mit Blattgold eingraviert sind, um das Elend von Migrant:innen und Schutzbedürftigen als umrisshafte Schiffswrackskulptur zu symbolisieren.

Goshka Macugas Installation eines runden Konferenztisches mit Stühlen, einer Bronzeskulptur und einem Wandteppich ist eine Replik auf eine Replik und deren Replik. Als Ausgangspunkt diente Picassos Gemälde „Guernica,“ das als Wandteppich im Eingangsbereich des UNO-Sicherheitsrats in New York hängt und 2003, als US-Außenminister Colin Powell eine Rede zum Angriff auf den Irak hielt, abgehägt wurde. Der Inhalt des Wandteppichs in der Ausstellung wurde einem Foto entnommen, als Prinz William in Macugas Ausstellung 2009 in der Whitechapel Gallery sprach. Macuga verweist mit ihrer Metanarration auf die unabdingbare Notwendigkeit von Kunst, Haltung gegen Krieg und Gewalt einzunehmen und zeigt auch, wie Kunst für politische Zwecke vereinnahmt werden kann.

Yael Bartana wiederum widmet sich in ihrer Videoinstallation „Two Minutes to Midnight“ jener Utopie einer nur aus Frauen bestehenden Regierung, deren Protagonistinnen rund um einen Verhandlungstisch sitzen und über Schritte und Maßnahmen hinsichtlich eines bevorstehenden Nuklearangriffs diskutieren. Lukas Marxt hingegen zeigt einen überdimensionalen Bausatz eines Modells jener Atombombe, die 1945 auf Nagasaki abgeworfen wurde.

In ihrem Ansatz rund um Fragen zu dubiosen Politikmachenschaften, Krieg und Migration zeigt die Ausstellung einen ansehnlichen Parcours an Referenzarbeiten für aktuelle Ausprägungen der Macht, deren Verdunkelungsmechanismen mit der poetischen Sprache der Kunst verhandelt werden.

Mehr Texte von Walter Seidl

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Poetics of Power
15.11.2024 - 25.05.2025

Kunsthaus Graz
8020 Graz, Lendkai 1
Tel: +43/316/8017-9200, Fax: +43/316/8017-9800
Email: info@kunsthausgraz.at
http://www.kunsthausgraz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


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