Artissima 2024: Kunst, Markt und Politik
In manchen Jahren ist alles in Nebel gehüllt, mal ist landunter, heuer ist eitel Sonnenschein. Wenn das Turiner Wetter ein Omen ist, dann steht die Artissima in ihrer aktuellen Ausgabe unter guten Vorzeichen. 189 Galerien stellen im Oval, dem ehemaligen Eishockeystadion der Olympische Winterspiele 2006 aus, eine Zunahme von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Qualität ist dabei sogar eher gestiegen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich ein Drittel der Ausstellenden für Solopräsentationen entschieden hat, auch jenseits der Sektion Monologue/Dialogue.
Einer der Neuzugänge ist Remota aus Argentinien, deren Name Programm ist. Die Galerie hat vor zwei Jahren in Salta eröffnet, das sich 1.500 Kilometer nordöstlich der aus auswärtiger Sicht ohnehin abgelegenen Hauptstadt befindet. Sie zeigt drei Künstler aus Salta, die ihre Formensprache in den dortigen Traditionen und Materialien finden (1.400 bis 6.000 Eur).
Gerade bei jungen Galerien aus den deutschsprachigen Ländern ist die Artissima beliebt. 14 sind aus Deutschland angereist, darunter Anton Janizewski aus Berlin, der bei den New Entries Ferdinand Dölberg präsentiert, der gerade erst sein Akademiestudium beendet hat. Das viel kleinere Österreich ist hier traditionell stark vertreten und stellt immerhin zehn Aussteller. Seit vielen Jahren ist Krinzinger aus Wien wieder mit dabei. "Ich glaube, dass die Präsenz so vieler Wiener Galerien in den letzten Jahren für einige Kollegen ein Argument für die Teilnahme ist" erklärt Messedirektor Luigi Fassi. "Wir haben auch viele österreichische Gäste, sowohl Sammler:innen, als auch Kurator:innen und Museumsdirektor:innen. Man kann durchaus von einer wachsenden Liaison zwischen den beiden Standorten sprechen." Den Eindruck bestätigt ein deutscher Galerist, der mehr Österreicher:innen als Deutsche unter dem Gästen ausgemacht hat.
Institutionelle Ausstellungen am jeweiligen Standort sind bei Galerien immer willkommen. Mehdi Chouakri zeigt neben seinem gewohnten Programm mit Charlotte Posenenske oder Sylvie Fleurie drei Gemälde von Salvo (150.000-238.000 Euro), dem die Pinacoteca Agnelli in Laufweite der Messe die bisher größte Retrospektive ausrichtet. Für den Berliner, der gemeinsam mit Barbara Gladstone den Nachlass vertritt, ist das Grund genug, nach einer längeren Pause wieder nach Turin zu kommen.
Das ist allerdings nicht repräsentativ für das Preisgefüge. An dem gewohnt wilden Stand von Francesco Pantaleone aus Palermo kosten die Papierarbeiten von Maïa Régis von 3.000 bis 6.500 Euro und die Textilarbeiten von Alina Kopytsia 1.200 bis 7.000 Euro. Damit spricht er genau die Sammlerschicht an, die Direktor Fassi im Sinn hat, wenn er von seinem Auftrag spricht, der Mittelschicht ein Angebot zu machen. Er sieht die Artissima auch als ein Projekt für die Bürgerschaft, der er sich verpflichtet sieht. Schließlich gehört die Messe der Stadt und der Region. Entsprechend sichtbar ist die Messe im Stadtbild. Mit zahlreichen Veranstaltungen im Zentrum. Das Zusammenspiel von Messe, Institutionen und Politik ist nach wie vor Hauptbestandteil des Erfolgsrezepts der Artissima.
01 - 03.11.2024
Oval - Lingotto Fiere
10126 Turin, Via Nizza 294
Email: info@artissima.it
http://www.artissima.it
Öffnungszeiten: täglich 11 - 19 h