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Contemporary Istanbul: Hohe Ambitionen

Die Contemporary Istanbul hat schon bessere Zeiten gesehen, zumindest internationalere. Von weit über 100 Galerien in vor-pandemischen Zeiten hat sich die Messe auf aktuell 51 verkleinert – man könnte auch sagen gesundgeschrumpft. Denn der Anteil türkischer Galerien liegt jetzt ungefähr bei der Hälfte. Von den türkischen Galerien, die im internationalen Kunstmarkt bekannt sind, nehmen die meisten teil, etwa Dirimart, Öktem Aykut oder BüroSarıgedik. Ein besonderer Fokus liegt auf Spanien und Lateinamerika, zudem präsentiert die spanische Botschaft eine kuratierte Ausstellung mit Künstlern „Born in the Seventies“.

An Ambitionen mangelt es dem Messegründer Ali Güreli nicht, ebenso wenig an guten Verbindungen in Istanbul: 700 Sammler aus 42 Ländern "hosted" die Messe, erzählt er auf der Pressekonferenz. Auf Nachfrage bestätigt er, dass der Hälfte von ihnen auch Hotelübernachtungen zur Verfügung gestellt werden. „Die letzten 10 Jahre waren nicht einfach in der Region und die Türkei liegt in der Mitte von allem“, gibt er zu bedenken. „Aber wir sehen in jüngster Zeit eine Verbesserung der Stimmung. Und in den nächsten Jahren wird die Stadt boomen.“ Das ist auch die Hoffnung des Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu, der auf Kultur zur Stärkung der Zivilgesellschaft setzt und die Messe, wie in den Vorjahren, eröffnet.

Die großen Hoffnungen, die mit der Kunstmesse verbunden sind, bescheren den angereisten Galeristen aber noch keine Umsätze. Und an denen haperte es zuletzt. Denn die einheimischen Sammler kaufen bevorzugt bei einheimischen Galerien, während die großen Sammler eher in Basel, London oder Paris auf Shoppingtour gehen – oder direkt bei den internationalen Galerien kaufen. Einer der international renommierten türkischen Galeristen erklärt im Gespräch, dass er an dieser Messe gerne teilnehme, weil er hier die lokalen Sammler treffe, die er das Jahr über nicht in der Galerie sehe. Ein anderer einheimischer Galerist vermutet, dass ausländische Galerien ihre internationale Ware hier günstiger anbieten, weil sie sonst nicht konkurrenzfähig wären. Er selbst handhabe es nämlich umgekehrt. Bei Messeteilnahmen im Ausland erhöhe er die Preise seiner türkischen Positionen, weil man sie sonst nicht ernstnehmen würde.

Die farbenfrohen Tondi von Ekrem Yalcindag (ab 18.000 Euro) und die die quietschbunten Rechtecke von Peter Halley (ab 100.000 US-Dollar) bilden am Stand von Sevil Dolmaci aus Istanbul den Hintergrund für die zartrosafarbene High Tech-Kopie einer barocken Skulptur aus Onyx von Barry X Ball, mit 525.000 US-Dollar wahrscheinich das teuerste Werk der Messe. Ein Fräsroboter war vor zwei Jahren auf dem Skulpturenplatz der CI bei der Arbeit zu beobachten. Die Präsentation dürfte seinerzeit erfolgreich gewesen sein.

Manchmal weiß man gar nicht, ob die ungewohnte Anmutung mancher Kunstwerke an der mangelnden Kenntnis des Kulturkreises liegt oder an den mangelnden Zulassungskriterien. Das macht den Besuch für Auswärtige nicht einfacher. Hochdekorativ und handwerklich auf höchstem Niveau sind die filigranen Porzellanskulpturen der türkischen Künstlerin Melis Buyruk, der die New Yorker Leila Heller Gallery eine Einzelausstellung widmet.

Erstaunlicherweise findet sich digitale Bildschirmkunst, zumeist bewegt, an ungewohnt vielen Ständen: Ahmet Rüstem & Hakan Sorar bei Vision Art Platform (Istanbul), Marco Brambilla und Daniel Canogar bei Bitforms Gallery (New York), Ouchhh bei Piramid Sanat (Istanbul) oder bei TAEX aus London, die überhaupt nur Digitales anbietet.

Ab nächstem Jahr soll die Messe Mitte September stattfinden, um den jährlichen Messereigen zu starten. Zu dieser Zeit ist der Kalender allerdings bereits schon recht gedrängt. Zwar wird die CI auf absehbare Zeit vielleicht mit der Armory oder der viennacontemporary um europäische oder amerikanische Sammler konkurrieren. Doch der Wettbewerb um internationale Galerien dürfte zu diesem Termin nicht leichter werden als ohnehin schon.

Um jedenfalls genügend Patz zu haben, will die Messe auf dem ehemaligen Werftgelände Tersane am Goldenen Horn zusammen mit dem alten Teil einen Neubau und eine temporäre Architektur nutzen.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Contemporary Istanbul
24 - 27.10.2024

Tersane Istanbul
34440 Istanbul, Haliç Mahallesi Taskizak, Tersane Cd. No:5
https://www.contemporaryistanbul.com
Öffnungszeiten: 11-20 h, So 11-19 h


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