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Art Basel Paris: Der Reiz des Neuen

Bei schönstem Wetter stehen sich Millionär:inen und andere VIPs am Mittwochmorgen die Beine in den Bauch, um zu den ersten Besuchern der Art Basel Paris zu gehören. Die gewaltige Kreuzkuppel aus Stahl und Glas kennt diese Aufläufe von der Fiac und anderen Events. Doch so international war das Publikum bei noch keiner Kunstmesse in der französischen Hauptstadt. Die Erwartungen waren hoch nach zwei Ausgaben Paris+ par Art Basel im Grand Palais Éphémère, die zwar ein Achtungserfolg waren, aufgrund des beschränkten Platzes der temporären Architektur jedoch nicht völlig überzeugen konnten. Nun also die ganze Grandeur des zur Weltausstellung im Jahr 1900 errichteten Grand Palais. Jetzt muss sich London richtig warm anziehen, und Basel selbst auch.

Dabei liefert die Art Basel Paris ziemlich genau das, was man von einer Art Basel erwartet: ein großer Immendorff von 1990 bei Michael Werner (New York, London, Berlin), ein mittelgroßes "Abstraktes Bild" von Gerhard Richter bei Gagosian (10 Standorte) oder ein etwas größeres bei Vedovi (Brüssel), eine kleines Quadrat von Josef Albers bei White Cube (London, Paris, Hongkong, New York, Seoul) oder eine sechs Meter breite Weltkarte von Alighero Boetti bei Tornabuoni (Italien, Frankreich, Schweiz) erwarten die investitionsbereiten Sammler, Museen, Art Adviser und Interior Designer. So beeindruckend wie auch ein wenig langweilig. Und ein bisschen Vorsprung hat Basel noch, folgt man den Vollzugsmeldungen der Galerien. Hauser & Wirth etwa verkündet am ersten Tag Verkäufe von nur knapp 13 Millionen Euro, das allerdings schon um kurz nach 16 Uhr, da hat die Messe noch vier Stunden geöffnet.

Unterhalb dieser Spitzenliga gibt es aber auch im Hauptfeld nicht nur preislich, sondern auch ästhetisch beeindruckende Präsentationen. Eva Presenhuber aus Zürich und Wien hat ihren gesamten, nicht gerade kleinen, Stand Tschabalala Self für „My House“ überlassen, die auch die Boden- und Wandgestaltung übernommen hat. Die sechs Gemälde waren am ersten Tag zu Preisen zwischen 230.000 und 350.000 US-Dollar bereits verkauft, die Skulpturen zu 165.000 Dollar hingegen noch nicht.

In den Umgängen hinter der Galerie des Obergeschosses stößt man auf Layr aus Wien, Dependance aus Brüssel, die einheimische Mariane Ibrahim oder Max Mayer aus Düsseldorf. Zu späten Fiac-Zeiten fand man hier oben noch vorwiegend die kleineren französischen Galerien, die sich ein wenig stiefmütterlich behandelt fühlten. Jetzt findet auch das breitere Publikum seinen Weg hierhin. Die Mischung macht's und auch die Wegführung, bei der es allerdings noch Verbesserungspotential gibt.

Der obligatorische Bereich „Emergence“ für junge Galerien und Künstler:innen ist prominent untergebracht im Umgang der Galerie mit grandiosem Blick in die Halle. Sophie Tappeiner aus Wien stellt sich hier mit Sophie Thun vor. Die neue Sektion „Premise“ für kuratierte Projekte, die auch vor 1900 entstandene Kunstwerke beinhalten können, ist das Gespräch der Messe. Grandios löst die Aufgabe die in dritter Generation geführte Pariser Galerie Dina Vierny ein, die ihren Stand dem Kunsthändler Wilhelm Uhde widmet und unter anderem Gemälde von Henri Rousseau und Sonia Delaunay präsentiert. Eine (Wieder-) Entdeckung ermöglicht die Gallery of Everything, die eine kleine Werkschau der Surrealistin Janet Sobel mit ab Mitte der 1940er Jahre entstandenen Arbeiten zusammengestellt hat. Papierabreiten kosten 20.000 bis 60.000 Dollar, Gemälde ab 100.000. Eine Gegenüberstellung und Zusammenarbeiten von Fotografien Gerhard Richters und Sigmar Polkes zeigt Sies und Höke aus Düsseldorf. Nicht alle Arbeiten sind verkäuflich. Die, die es sind, kosten im mittleren fünfstelligen Bereich.

Ob nur der Reiz des Neuen die gesamte Kunstwelt nach Paris gelockt hat, werden die nächsten Ausgaben zeigen. Die Premiere der Art Basel Paris ist jedenfalls gelungen.

Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Basel Paris
17 - 20.10.2024

Grand Palais
75008 Paris, Avenue Winston Churchill
https://www.artbasel.com/paris/


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