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Peche Pop. Dagobert Peche und seine Spuren in der Gegenwart: Von der Liebe zu Faltern, Blumen und Kindern

„Nicht einmal alle hundert Jahre, alle dreihundert wird in einem Land solch Genie geboren“, soll Josef Hoffmann nach dem Tod von Dagobert Peche (1887-1923) dem WW-Kollegen Hochachtung gezollt haben. Ein Genie, das Hoffmann auch für seine eigenen Entwürfe als Inspiration gut nutzen konnte. In der Tat hat Peche etwas Genialisches. Entwurfszeichnungen wirken in ihrem sicher schwungvollen Duktus wie geschrieben, bei Metallobjekten hingegen möchte man, so filigran wie sie sind, an Material gewordene Zeichnungen denken. Schmuckstücke und Accessoires erinnern an die Kulissen eines bizarren Schattentheaters, Möbel in ihrer seltsamen Klobigkeit mit applizierten Dekoren, ist man gewillt als treuherzig zu bezeichnen. Auch in anderen Sparten der angewandten Kunst wie Keramik, Stoff- und Tapeten oder Spitzen schafft er mit seinen Entwürfen stets etwas Eigenes ohne sich dabei von Traditionen völlig zu entfernen. Peche orientiert sich voller gewitzter Einfälle und Freude an ungewöhnlichen Kombinationen von Formen und Farben an der alpenländischen Volkskultur und am Rokoko. Die Bandbreite dessen, was den Frühvollendeten in der knapp bemessenen Wirkungszeit geschaffen hat, ist gewaltig, seinen Einfluss auf nachfolgende Generationen möchte man in Peche Pop nun nachspüren. Dem Konzept für die Präsentation von Peches Œuvre tut dies keinen Abbruch. Viel eher stellt sich die Frage, was im Zusammenhang mit Peche unter Pop zu verstehen ist. Sind es Gesten? Sind es einzelne Elemente? Ist es eine Haltung? Eine These der Ausstellung? Oder schlicht ein knalliger Titel?

„Er liebte die Falter, die Blumen und Kinder“, beginnt Max Eisler ein Jahr nach Peches Tod seine Monografie, nennt ihn an anderer Stelle „Regisseur des Augenblicks“, jemand der das Ephemere ebenso beherrscht wie schätzt, „diese wunderbare Hand, die im Raffen und Knüpfen schon bildet.“ Ausgehend von dieser nachgerade simplen Zusammenfassung „Falter, Blumen, Kindern“ liefert Eisler eine präzise Beobachtung, dessen was das Genie ausmacht und geht gleich zu Beginn zum Motiv der „Daphne“ über, jener Figur, die sich in der griechischen Mythologie durch die Transformation in einen Lorbeer einer Vergewaltigung entzieht. „Daphne“ ist nicht nur einer der bekanntesten Stoffentwürfe Peches, es ist eines der „Leitmotive für sein Werk“.

Entsprechend ist „Metamorphose“ eines der großen Themen der Ausstellung, die keiner Chronologie folgt, sondern vielmehr zentrale Begriffe wie Arkadien, Boudoir, Zierwut oder aber auch Unheimlich beleuchtet. Kuratiert wurde die Schau von Anne-Katrin Rossberg, die bereits vor 25 Jahren, damals als Gast die Ausstellung mitverantwortet hatte. Den Part der Gastkuratorin hat aktuell Claudia Cavallar übernommen, von der zudem die sehr präsente Ausstellungsarchitektur stammt. Präsent, erweist sich ebenso der Beitrag von Gelitin, die generell die Dauerbrenner von Mak-Großausstellungen sein dürften, diesmal ganz buchstäblich. In ihrem Video „Bauernstube“ fügen sich zwei spärlich bekleidete Personen in deren Körperöffnungen brennende Kerzen stecken. Freilich ist der Beitrag mit einer Triggerwarnung versehen, die Tonspur verfolgt einen hingegen in weiten Teilen der Ausstellung. Der überwiegende Teil der Positionen aus nachfolgenden Generationen ist ähnlich assoziativ und trifft einem weitestgehend unvermittelt. Gerne beispielsweise hätte man über das Streublumenmotiv, das von Johannes Porsch verschiedentlich transferiert und dimensioniert an manchen Orten der Ausstellung auftaucht, mehr gelernt.

Der Kartalog wird einmal mehr zum Musterbeispiel der Zusammenarbeit der geballten Expertise des Hauses. Inspirierend hier der Beitrag von Janis Staggs zu Dagobert Peche und Josef Urban. Urban, der der bereits 1911 in die USA ausgewandert war, hatte Marc Anton in der Skulpturengruppe von Arthur Strasser vor der Wiener Secession seinerzeit sein Konterfei geliehen, in Hollywood erlangte er Bekanntheit durch seine unnachahmlichen Filmsets und orientierte sich hierbei gerne an Peche. Gemeinsam ist den beiden ausgebildeten Architekten, dass sie kaum Bleibendes gebaut haben. Bei Urban fällt einem hierzu alleine Mar-a-Lago in Florida ein, auch so eine Bühne...

Mehr Texte von Daniela Gregori

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Peche Pop. Dagobert Peche und seine Spuren in der Gegenwart
11.12.2024 - 11.05.2025

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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