Werbung
,

Elisabeth Leopold 1926 - 2024

Nun hat auch sie dieser Tage 98-jährig diese Welt verlassen. Erst als sie 2010 Witwe wurde, trat Elisabeth Leopold in den Vordergrund. War sie all die Jahre zuvor unterstützend neben und hinter ihrem Mann Rudolf (1925-2010) gestanden, so engagierte sie sich fortan umso mehr für die hochkarätige Sammlung und deren Haus im Wiener Museumsquartier. Sie (co-)kuratierte, publizierte, kommentierte, gab Interviews und schaffte dabei stets den Spagat, voller Bewunderung für die Kenner- und Sammlerleidenschaft ihres Mannes dessen Erbe zu bewahren und dennoch ihre Auffassung der Dinge zu vertreten. Dabei war Elisabeth Leopold während ihrer seit 1953 bestehenden Ehe weitaus mehr als die Frau an der Seite des Sammlers, später Stifters, mit dem sie eine der bedeutendsten Kollektionen des Landes aufgebaut hatte. Dass Frauen arbeiteten, hatte sie bereits in ihrer Kindheit in der Familie erfahren. Sowohl die Großmutter als auch die Urgroßmutter waren für die Unternehmerfamilie von Prag-Rudniker tätig, jene Korbwarenfabrikation, die das Ihrige zu den Möbelentwürfen der Helden des Wien um 1900 ausführte. Belege hierfür befinden sich auch in der Sammlung, womit sich womöglich eine direkte Fährte zu der Kindheit der Sammlerin legen lässt.

In einem Gespräch für ein Kunstforum international 2014 über „die Herrschaft des Sammelns“ (Band 227) fällt ein Satz, der das ganze Dilemma, dem sich Elisabeth Leopold Zeit ihrer Ehe gestellt hatte, zusammen zu fassen vermag. „In seiner Hingabe an die Kunst von Schiele war ihm alles andere unwichtig.“ Die praktizierende Augenärztin, Ehefrau und Mutter dreier Kinder reagierte darauf privat wie beruflich, meisterte finanziell prekäre Situationen, übernahm in Zeiten der Abwesenheit des Gatten die Vertretung in dessen Ordination, war ihm Gesprächs- und Reisepartnerin, hielt ihm den Rücken frei und verteidigte den Sammler, den es über die Jahre bisweilen allzu wenig kümmerte, wie die Provenienz der Objekte seines Begehrens aussah. Eine Frau, die ganz selbstverständlich bis zu ihrem neunundsechzigsten Lebensjahr ihre Profession ausübend im Leben stand. Aus dem Vorstand der Leopold Privatstiftung zog sie sich zugunsten ihrer Enkeltochter Saskia Anfang 2022 zurück.

Ob ich ihr nun als Museumsbesucherin, Journalistin oder Gastkuratorin am Hause, begegnete, Elisabeth Leopold war stets neugierig, doch unerbittlich in ihrer Einschätzung, freundlich, doch klar ihrem Urteil, sie war klein und zart, dennoch zollte man ihr den größten Respekt. Dem Leopold Museum war sie Seele des Hauses, der Nation Grande Dame des Kunstbetriebes. Auf gut österreichisch möchte man sagen: Adieu, Frau Professor!


--
Elisabeth Leopold vor Egon Schieles "Bildnis Wally Neuzil" (1912)
Leopold Museum, Wien, Foto: APA-Fotoservice/Ian Ehm

Mehr Texte von Daniela Gregori

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: