Alfredo Jaar - The Geometry of Solitude: Immer weiter…
Thema bei den erst kürzlich stattgefundenen Wahlen zum europäischen Parlament: Geflüchtete. Thema im beginnenden Wahlkampf zu den kommenden Nationalratswahlen in Österreich: Geflüchtete. Menschen die sich auf den Weg machen (müssen), weil sie vor kriegerischen Auseinandersetzungen, vor Unterdrückung oder den Auswirkungen des Klimawandels fliehen, sind eines der Feindbilder die vor allem rechte Politiker:innen nutzen, um Stimmen zu bekommen und/oder Gesetzesänderungen zu argumentieren. Dabei werden die Flüchtenden vor allem als gewaltbereite Kriminelle, und als Bedrohung „unserer Kultur“ geframed.
Ganz im Gegensatz dazu stehen die Werke des in Chile geborenen Architekten und Künstlers Alfredo Jaar, die aktuell in der Galerie Hubert Winter zu sehen sind. Jaar, der selbst gezwungen war, vor den Verfolgungen des Pinochet-Regimes aus Chile zu fliehen, will mit seinen Fotos und Installationen das herrschende Bildregime brechen, mit dem Geflüchtete seit Jahrzehnten stigmatisiert werden. Als „Exercises in Representation“ beschreibt er seine künstlerische Praxis, in der es ihm darum geht, die Geschichten der Menschen hinter den Bildern erfahrbar zu machen.
Es sind Menschen „ohne Namen“, die Alfredo Jaar in den beiden Arbeiten People without Names (Afghanistan) und People without Names (Sudan) ins Zentrum der Betrachtung stellt. Leuchtkästen und Spiegel verändern ständig die Perspektive auf die Abgebildeten und verschmelzen mit den Spiegelbildern der Betrachter:innen. Menschen auf der Flucht ihre Würde wiederzugeben ist das erklärte Ziel Alfredo Jaars, der selbst in Krisengebiete und Flüchtlingscamps gereist ist, um die Geschichten von Geflüchteten aus erster Hand zu erfahren.
So war er im Jahr 1989 in Hong Kong um die Lage der sogenannten „boat people“ zu dokumentieren, Exilant:innen die nach dem Vietnamkrieg das Land in den Jahren von 1975 bis 1995 auf der Flucht vor dem kommunistischen Regime verließen. Die aus diesen Eindrücken hervorgegangene Installation Fading ist im hinteren Raum der Galerie zu sehen.
Alfredo Jaar war in Algerien um den Blick von Flüchtlingen auf das Mittelmeer in Richtung Europa einzufangen (Searching for Spain, 2012), er reiste nach Ruanda um eine Gruppe überlebender Tutsi zu fotografieren (Waiting, 1994) und er zeigt uns in The Body is the Map (1990), wie sich die Geschichte der Flucht in die Körper der Menschen einschreibt.
Es ist ein riesiger, andauernder Strom von Frauen, Männern und Kindern die sich weltweit auf der Flucht befinden. Man mag ob der Aussichtslosigkeit, diesen Menschen wirkliche und nachhaltige Hilfe zu bieten, in lähmenden Pessimismus verfallen. Die Neonarbeit im großen Fenster zur Galerie proklamiert schon vor Betreten der Ausstellung I Can‘t Go On. I‘ll Go On, setzt dem unbeugsamen Willen von Geflüchteten, auf ihrem Weg nicht nachzulassen ein Denkmal und mahnt von uns den Einsatz für eine Politik ein, die nicht nur die Symptome, sondern die Wurzeln der Fluchtbewegungen bekämpft.
14.06 - 07.09.2024
Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h