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„Eure Exzellenz“ Joe Chialo

Berlin hat einen designierten Kultursenator: Überfordert, schon jetzt.

In Berlin gab der designierte Kultursenator Joe Chialo dem „rbb“ sein erstes TV-Interview – und hat gleich alle Befürchtungen angesichts seiner zukünftigen Rolle bestätigt. So betonte er zum Beispiel, dass wenn „große Künstler“ wie Monica Bonvicini und Katharina Grosse Probleme hätten, bezahlbare Räume zu finden, Berlin sich nicht wundern müsse, „wenn Künstler die Stadt verlassen, woanders hingehen und dieser Stadt diese Exzellenz abhanden kommt“. Wie bitte? Gerade diese beiden längst (erfolg)reichen Künstlerinnen, die auf finanzielle Unterstützung in keinster Weise mehr angewiesen sind, erwähnt Chialo im Kontext der drohenden Schließungen von Atelierhäusern? Und nicht mit einer Silbe die Mehrheit an Künstler:innen, die tatsächlich in überaus prekären Situationen leben! Offensichtlich kennt sich Chialo in diesem Teil des Kunstbetriebes überhaupt nicht aus, ist stattdessen an einer prestigeträchtiger Starkultur interessiert, an „Exzellenz“, und eben nicht an einer lebendigen Kunstszene.

Leider macht das durchaus Sinn, denn einerseits ist Chialo CDU-Mitglied und das Herz dieser Partei schlägt seit jeher für eine elitäre Kultur. Zudem kommt Chialo aus der Musikindustrie und da besonders zahlen sich nun mal die Stars aus, etwa die „Kelly Family“, mit der der neue Kultursenator schon gearbeitet hat. Das Problem liegt noch tiefer: Joe Chialo wird der dritte Berliner Kultursenator in Folge, der keinerlei Expertise in der „High Art“ hat: sein Vorvorgänger Tim Renner kam ebenfalls aus der Musikindustrie, sein Vorgänger Klaus Lederer ist Jurist, promovierte über die „Privatisierung im Wassersektor“. Nun wieder ein Protagonist aus der Unterhaltungsmusik, Sänger einer „Cross-Over-Metal-Band“, abgebrochenes Geschichts-Studium, ehemaliger Türsteher und bekennender Boxsportler – all zu wichtig scheint man in Berlin den Posten des Kultursenators immer noch nicht zu nehmen. Der neue Regierende Bürgermeister Kai Wegener, CDU, jedenfalls lobte ausdrücklich Chialos Arbeit für die „Kelly Family“ als Qualifikation für diesen Job aus.

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Abbildung: © Hans-Christian Plambeck

Mehr Texte von Raimar Stange

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