Werbung
,

art KARLSRUHE: Ernte 23

Als Kurator der art Karlsruhe war er von Anfang an eher weniger unterrepräsentiert, doch so viel Ewald Schrade, wie nun bei seiner Abschiedsvorstellung, war noch nie. Dass der Herr Messekurator auch Galerist ist, ist durchaus im Rahmen, dass er als Sammler mit einer 400m2 Präsentation gewürdigt wird, ist hingegen eher verwunderlich, zumal die Präsentation eher dem Konzept Schaudepot folgt, als nachvollziehbaren Sammlungskriterien. Nun ja, man kann dies auch als Würdigung seines unermüdlichen Messeengagements für 20. Ausgaben verstehen. Das Engagement ging bisweilen auch soweit, dass in redaktionell gekennzeichnete Texte eingegriffen wurde, auch diesmal gab es wohl etwas zu beanstanden und verbessern - zumindest musste zu einem monopol-spezial-Heft eine „Berichtigung“ gedruckt und extra ausgelegt werden. Die Unterschiede? Marginale Weihrauchkrümel. Wenn Herr Schrade nicht eben mit einem Caddy Rasanz in allen Hallen zeigt, ist er auf seinem eher groß dimensionierten Messestand, vor dem dieses Jahr ein groß dimensionierter Skulpturenplatz seiner Galerie lokalisiert ist. Er ist als Grünfläche gestaltet, auf der überwiegend große von Ralf Klement roh gesägte, bemalte Karotten aus dem Grund sprießen. Und dann gibt es da noch das große Päckchen „Ernte 23“, aus dem anstatt Rauchwaren ebenso Möhrchen stehen. Keine Frage, es ist die Saison, in der Herr Schrade endlich die Ernte einfährt. Er ist in Karlsruhe nicht der einzige.

Auch Markus Lüpertz konnte sich dieser Tage für die Enthüllung seines Langzeitprojekts „Genesis“ in der Karlsruher U-Bahn feiern lassen. Die Messe steuert das Ihrige dazu bei. Erstaunlich, was an reich bebilderten Jubel für dieses trotz aller Ablehnung privat finanzierte Projekt im öffentlichen Raum gibt. Man erinnert sich: Peter Weibel beispielsweise gab zu bedenken, dass derlei „keramische Kirchenkunst“ für den öffentlichen Raum einer Stadt, die sich weltoffen, tolerant und als IT-Metropole gibt, eher unpassend wären. Freilich gibt es die Edition mit Motiven des Zyklus für die unter die Erde gelegte Straßenbahn auch auf der Messe zu kaufen. Blatt für Blatt (Auflage 98) für 2.750 Euro bei Art Affair (Regensburg), die Distributoren der Kunst des Meisters waren schon einmal prominenter.

Doch wo geerntet wurde, werden auch hoffnungsfroh Felder neu bestellt und Karlsruhe ist inmitten einer Neustrukturierung. Die Städtische Galerie hatte bereits 2021 den Beginn gemacht, nun haben in kurzer Abfolge mit Alistair Hudson und Frédéric Bußmann die Neubesetzungen in der Chefetage des ZKM und der Karlsruher Kunsthalle mit ihrer Arbeit begonnen. Für die art Karlsruhe wurde kürzlich mit Olga Blass und Kristian Jarmuschek ein Führungsduo für eine dringend nötige neue Spitze bekannt. (--> das artmagazine berichtete) Man hofft und wünscht ihnen das Beste.

Der eine oder andere Neuzugang aus Österreich hat sich bei der art Karlsruhe diesmal bereits eingestellt. Neben der Galerie Gans (Wien) und dem Kunsthaus Wiesinger (Wels), die mittlerweile seit einigen Jahren das interessierte, kaufkräftige Publikum des Deutschen Südwestens schätzen, gab es dieses Jahr unter den Ausstellern aus Österreich deren gleich drei. Kovacek & Zetter (Wien) kann bei der Messepremiere mit einer geglückten Mischung aus allseits bekannten und österreichischen Größen punkten. Zwischen zwei Venedigsilhouetten von Eduard Angeli wird Erwin Wurms kleine „Mutter“ sicher das eine oder andere Deja vu vor Ort hervorrufen. Das überdimensionale Pendant steht in orange am Kampus der Karlsruher Uni (KIT). Die gläsernen Stinkefinger von Ai Weiei finden als pastellbunte Reihe unter einem Aquarell von Maria Lassnig Aufstellung und Hubert Scheibels kraftvolle Leinwande halten die Balance zu einer Skulptur von Tony Cragg. Derlei Kombinatorik kam bereits beim Eröffnungspublikum bestens an. Eine Halle weiter feiert die Galerie Kovacek ihren Einstand mit einer Melange aus klassischer Moderne und Zeitgenössischem. Eine Wand von Emil Nolde-Aquarellen grenzt an ein Defilee von Papierarbeiten von Gustav Klimt, Egon Schiele und Gemälden von Alfons Walde. Mit Antonietta Brandeis, Erika Giovanna Klien, Maria Lassnig, Xenia Hausner und Sabine Wiedenhofer sind hier ebenso weibliche Positionen von 1900 bis heute kräftig vertreten. Ebenso auf Etabliertes setzt man bei L.art (Salzburg) mit Arbeiten von Dorothee Goltz, Ursula Hübner und Jakob Gasteiger.

Bei der Galerie Sturm & Schober (Stuttgart/Wien) begleiten wir Mona Radziabari auf ihrem (künstlerischen) Weg von Teheran nach Wien. Im Iran noch entstehen unter dem Titel „Pointless hole“ während des Studiums mit einer selbstgebastelten Lochkamera verbotene Fotografien im öffentlichen Raum. In Wien, wo sie ihr Studium an der Universität für angewandte Kunst abschließt, wird der Blick auf die alte Heimat mit der Serie „Less is enough“ immer reduzierter, die Erinnerungen verblassen bis sie einheitlich weiß sind und lassen sich als „In the memory of lost dreams“ von einem Schemel aus betrachten. Es ist dies wohl eine der spannendsten Positionen auf dieser Messe. Seit letzter Woche besitzt Mona Radzibari einen Österreichischen Pass. Welch glücklicher Neubeginn!

Mehr Texte von Daniela Gregori

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

art KARLSRUHE
04 - 07.05.2023

Messe Karlsruhe
76287 Rheinstetten/Karlsruhe, Messeallee 1
http://www.art-karlsruhe.de
Öffnungszeiten: 11-19 Uhr, Freitag 11-20 Uhr


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: