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Kunst Stoff: Handarbeit und Wandarbeit

Dass Text und Textil oder Web und Gewebe die zentrale Silbe gemeinsam haben. Dass Stoff sowohl das Material für Decken, Tücher, Kleider als auch für Geschichten, Ereignisse, Erzählweisen abgibt. Dass eine Kreation vom Couturier kommen kann, aber auch vom Herrgott. Aus all dem läßt sich wohlfeil eine Ausstellung machen. Die Galerie nächst St. Stephan hat es jetzt unter dem Titel "Kunst Stoff" getan. Weil sich das Ganze schon rein etymologisch zum Theoretisieren anbietet, auch gleich ein paar Einwände. Streng genommen ist das Thema völlig ausufernd, denn jedes Bild in Öl/Acryl/Printverfahren auf Leinwand passt letztlich ins Konzept. Streng genommen hat auch die Ausstellung das Thema ausufern lassen, denn nicht jedes Patchwork ist eine Collage und jedes Muster auf Grund ist auch schon ein Stück Kunst. Und der Quilt aus Pennsylvania mit seinem Purismus in Weiß und Rot und seinen reichlich verteilten Swastika- sprich Hakenkreuz-Motiven wäre womöglich nicht so explizit als autonomes Werk präsentiert, wäre Helmut Federle nicht einer der wichtigsten Künstler der Galerie, der einst einen ähnlichen Anspruch auf Neutralisierung mit seinen SS-Bildern erhoben hatte. Das schließt alles aber keinewegs eine gelungene Ausstellung aus, und besonders der mittlere Raum liefert eine der schönsten Zusammenstellungen diverser Positionen, die in den letzten Jahren in einer Galerie zu sehen waren. Eine Bodenarbeit von Polly Apfelbaum aus lauter kreisrund ausgelegten samtenen Deckchen. Eine Wandarbeit von Cosima von Bonin aus lauter ins Karree gehängten und in sich wieder mit quadratischer Einfassung versehenen Herrentaschentüchern. Eine Stelenarbeit von Louise Bourgeois aus lauter Mini-Matratzen, längst gestreift, als wären es Miniobjekte von Buren, und übereinander gesetzt bis in zweieinhalb Meter Höhe. Eine Stickarbeit von Ghada Amer, die Silhouette einer nackten Frau als Fadenzeichung vor schwarzem Hintergrund. Schließlich eine Handarbeit von Sabine Boehl, einer jungen Deutschen, die sich ein halbes Jahr damit um die Ohren schlug, tausende von Glasperlen auf Leinen aufzunähen und dabei einen Medusenkopf samt Mäanderband erstehen zu lassen. Stoffarbeit ist auch Fronarbeit, lernt man in der Ausstellung. Und wenn man dann etablierter ist als Künstlerin - Männer hat die Schau eher wenige parat -, dann läßt man derlei in Indien machen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Kunst Stoff
05.03 - 08.04.2004

Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder
1010 Wien, Grünangerg. 1/2
Tel: +43 1 5121266, Fax: +43 1 5134307
Email: galerie@schwarzwaelder.at
http://www.schwarzwaelder.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa: 11-16h


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