Werbung
,

Heidi Holleis - No More Profit: Philosophische Loopings

Springende Delfine am Regenbogen und entlehnte Motive aus der Popkultur im Neonlicht lassen leicht an Nostalgie und Kitsch denken. Um haltlose Vergangenheitssehnsucht und okkulte Geisterbeschwörung geht es in der Kunstraum-Ausstellung „No more profit“ in Innsbruck jedoch nicht.

Die grauen Aschebilder und die mit der Fumage-Technik hergestellten Grafiken machen den Anfang, weil sie der Künstlerin Heidi Holleis das Metier der Philosophie als Unterbau näherbrachten. Daneben hängen bunte Retro-Kunstwerke mit Motiven aus den 80ern, die zeigen, dass die heutige Ästhetik sich wieder am Vergangenen anlehnt. Sie sind in jüngster Zeit entstanden und umfassen Ölbilder, unter anderem die der Game-Industry angehauchte Serie „Out of Paku Paku“, erinnernd an die Videospielfigur, deren Ziel es ist, durch das Öffnen und Schließen des Mundes so viele Punkte wie möglich in sich hinein zu fressen. Mittendrin: Jacques Derridas Hauntologie als Persistenz und Rückkehr von vergangenen Erscheinungen, von Holleis spielerisch auf zahlreiche in den Köpfen spukende Geister der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft übertragen. Wie ein Faden zieht sich die bereits im Ausstellungstitel anklingende Kapitalismuskritik, Pac-Man als ein alles in sich hineinfressendes Synonym des Profits die Gegenspieler Karl Marx und Avery Gordon, wie sie als schwebende Geister im Raum umhergleiten, durch die Schau. Schwebend ist das Stichwort, denn so richtig zu fassen bekommt man diese nicht wirklich: „Der Gespensterbegriff ist einfach zu paradox, als dass er sich als konkrete Erscheinung auftun kann. Er wappt von einer Seite in die andere und ist ein cooles Ding für mich, weil ich es in gewisse Kleider stecken kann“, so die medienübergreifend arbeitende Innsbrucker Künstlerin mit Hang zu Gesellschaftspolitik und Wissenschaft.

Viel Interpretationsspielraum lässt Holleis dann zu, wenn sich positive und negative Erscheinungen kreuzen. In diesem Sinne schwenkt die retrospektiv angehauchte Schau ins Heute. Getrieben von der Frage, wie kapitalistische Erscheinungen von Ausbeutung, Sklaverei und Konsum gestoppt werden können, wird sie brandaktuell und politisch. Holleis erzählt von Loopbewegungen, zeigt Formen der Opposition und des Widerstandes innerhalb der neoliberalen Dauerschleife auf und warnt vor Extremen wie dem Neo-Faschismus: „Wenn die alten Gespenster wieder aus den Gräbern steigen und Menschen wieder Mauern und Grenzen aufbauen, wird es Zeit, sich ihnen zu stellen“, legt die Kunstschaffende offen. In der Ausstellung gleichen die Suche und Konkretisierung der Gespenster einem Labyrinth ohne Ausgang, doch wer sich einen Weg durch das philosophische Gewirr bahnt, hat gute Chancen, von den wieder gerufenen Geistern nicht aufgefressen zu werden.

Mehr Texte von Florian Gucher

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Heidi Holleis - No More Profit
03.12.2022 - 25.02.2023

Kunstraum Innsbruck
6020 Innsbruck, Maria-Theresien Strasse 34
Tel: +43 512 58 4000, Fax: +43 512 58 4000-15
Email: office@kunstraum-innsbruck.at
http://www.kunstraum-innsbruck.at
Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr 13-18, Do 13-20, Sa 10-15 h
Feiertage geschlossen


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: