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Eva Hesse - Transformationen. Die Zeit in Deutschland 1964/65: Weltformat in Wartestellung

Kunst und Kanon ist letztlich dasselbe. Keiner wäre bereit, wacklige Fotos, aufgeschlitzte Styroporblöcke oder ein Manifest gegen die Globalisierung für Kunst zu halten, gäbe es nicht Autoritäten, die einem eine solche Bereitschaft nahelegen. Das können zum Beispiel Künstler sein. Man nennt sie dann Vorbilder. Niemand lebt im luftleeren Raum. Eva Hesse ist eine Galionsfigur in diesem Mechanismus des Kanonisch-Seins. Geboren 1936 in Hamburg, 1938 mit ihren Eltern in die Emigration gezwungen, suchte sie die Selbstbehauptung in einem Milieu, das die Kunst mit dem Genie, dem Mann und der Potenz synonym sah. Zwar waren im New York der Sechziger die Ego-Kulte des Abstrakten Expressionismus gerade am Abflauen, doch wenn man nicht schwul war wie Warhol, hatte man noch keine rechte Vorstellung von dem, wie man sich fortan zelebrierte. Die Ausstellung in der Kunsthalle Wien zeigt ein Weltformat in Wartestellung. Konzentriert auf die Jahre 1964/65, die Eva Hesse zusammen mit ihrem Mann Tom Doyle in Deutschland verbrachte, schafft sie einen hochinteressanten Einblick in eine Existenz zwischen Küche und Karriere. Was Eva Hesse in dieser Zeit macht, könnte man experimentieren nennen. Es hat aber ebenso viel mit Versagung zu tun, mit Mutlosigkeit und den notwendig folgenden Ausbruchsallüren, die immer wieder bei der Anerkennung ihrer Chimärenhaftigkeit landen. Parallel zu den etwa sechzig Blättern, die eine Art Bewegung hin zu den sehr eigenständigen, aber auch sehr idiosynkratischen Schnur- und Pappmachéobjekten - die man bevorzugt schätzt - dokumentieren, veröffentlicht die Kunsthalle die in diesen Monaten zu Papier gebrachten Kalendernotizen Eva Hesses. Die Bilder und die Texte sind Komplemente, und so prangen Katalog und Druck der "Datebooks" in einem Schuber. Längst ist Eva Hesse selbst ein Vorbild, und Tom Doyle, damals der bekannte Künstler, bleibt übrig als ihr Mann. Die Präsentation geht sehr vorsichtig mit Eva Hesses heutigem Status um, deklariert sie als Suchende und schreibt lieber einmal öfter neben die Arbeiten, wie sehr die Künstlerin Duchamp "bewundert" und De Kooning "verehrt". Überhaupt ist die Ausstellung ein Schaubild in Understatement. Darin folgt sie ihrer Heldin.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Eva Hesse - Transformationen. Die Zeit in Deutschland 1964/65
05.03 - 23.05.2004

Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h


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