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Monsieur Morak

Jahrelang war Monsieur Jacques der Schrecken der Sicherheitskräfte. Immer wieder, wenn sich das Prinzip Staatsmann ein Stelldichein gab, überwand Monsieur Jacques scheinbar spielend die Gesichtskontrollen und Leibesvisitationen und war plötzlich einfach da: Sektglashaltend auf dem offiziellen Foto vom offiziellen Empfang, ein freundliches Lächeln neben dem staatstragenden Ernst von Clinton, Chirac oder Kohl. Niemand wußte wie, aber er schaffte es, und man freute sich, daß Jacques sich wieder einmal präsent gemacht hatte, das Monsieur gewordene Prinzip kleiner Mann, das sich ganz konkret und ganz körperlich zur Geltung brachte, wenn sich die Politik in Abstraktionen erging. Seit einem guten Jahr ist Monsieur Morak der Schrecken der Sicherheitskräfte. Bei den Vernissagen und den anschließenden Abendessen, bei den Eröffnungsreden und den anschließenden Smalltalks, in denen sich das Prinzip Kulturschaffender ein Stelldichein gibt, besteht stets die Gefahr, daß Morak es dennoch irgendwie schafft, einfach da zu sein. Das Monsieur gewordene Prinzip Staatsmann, es bringt sich unweigerlich zur Geltung, wenn der Kunstbetrieb gerade am Vergessen war, daß er subventioniert ist. Da kann es auch wenig helfen, wenn man die offiziellen Anlässe für die offiziellen Fotos nicht aufkommen läßt. Elisabeth Schweeger, Österreichs Kommissärin für die Biennale, hat bekanntlich nichts unversucht gelassen, Monsieur Morak den Auftritt zu verleiden: Keine Politiker-Rede, kein Politiker-Empfang, kein Politiker-Akt. Doch als am letzten Donnerstag um 17 Uhr das Unvermeidliche stattfand und der österreichische Pavillon irgendwie aufgemacht wurde, dann ist Monsieur Morak zur Stelle gewesen. Sei es persönlich, um verstohlen beäugt zu werden (und um die Beteiligten etwa zum Essen einzuladen). Sei es verkleidet als Julius Deutschbauer, um vom Plakat herunter zu winken. Sei es incognito, im Aggregatszustand von Schweißperlen, die nicht nur von der ortsüblichen Hitze kommen. Sei es auch nur als düstere Vision. Monsieur Morak jedenfalls wird da gewesen sein.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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